Donnerstag, 14.3.2024, Ernst Aigner

Religion ist Unterbrechung

In unserer schnelllebigen Zeit das Staunen nicht zu verlernen, wäre eine wichtige Sache, findet Religionslehrer und Kabarettist Ernst Aigner aus Freistadt in seinen Gedanken zum Tag. Allerdings brauchen wir dafür nicht nur unsere Sinne, sondern auch bewusste Momente, die unsere volle Aufmerksamkeit haben.

Manchmal kommt mir vor: Jeder und jede ist nur mehr im Stress. Die allgemeine Hast unserer Zeit, das tagtägliche „Hin-und-Her-Hetzen“ zerstört die Fähigkeit, wirklich zu sehen, hat der Dichter Eugene Ionesco sinngemäß einmal gemeint. „Wir sehen weder die Nähe noch die Weite unserer Welt.“, beklagte er vor über 50 Jahren. Seitdem hat sich das Tempo noch deutlich erhöht. Keine Frage: Wir sind zu schnell unterwegs. Selbst im Urlaub sind viele von uns emsig damit beschäftigt, alles abzufotografieren, weil jetzt keine Zeit dazu ist, es in Ruhe zu betrachten.

Wieder lernen, verwundert zu sein

Ernst Aigner
ist Kabarettist und pensionierter Religionslehrer aus Freistadt

Der Theologe Johann Baptist Metz sagte einmal: Die kürzeste Definition von Religion ist „Unterbrechung“. So wie der Sonntag die Werktage unterbricht, unterbrechen Zeiten der Ruhe unser rastloses Tun. Das hilft, wieder bei uns selber anzukommen. Eine indianische Weisheit empfiehlt, von Zeit zu Zeit zu warten, bis die Seele nachgekommen ist.

Die Wunder der Welt sind da, aber wir sind oft nicht wirklich da. Ionesco beendete seine Rede mit einem Appell: „Wenn wir um uns, über uns und in uns blickten, könnten wir die Frische des Erstaunens wieder entdecken… Wir müssen wieder lernen, verwundert zu sein.“