Sonntag, 17.3.2024, Olivier Dantine

Gebote und Freiheit

Sind die 10 Gebote mit unserem heutigen Freiheitsbedürfnis in Einklang zu bringen?

„Du sollst!“ „Du sollst nicht!“ — Es ist für viele nicht angenehm, wenn einem gesagt wird, was zu tun und was zu lassen ist. Und immerhin ist das Recht jedes Menschen, frei über sein Leben entscheiden zu können, über viele Jahrhunderte hinweg hart erkämpft worden. Die Freiheit wird zu Recht als ein hohes Gut angesehen.

Olivier Dantine
ist Superintendent der Evangelischen Kirche für Salzburg und Tirol

Gebote = Zaun

In letzter Zeit höre ich die Klage, dass eine neue „Verbotskultur“ unsere Freiheit einschränkt. Verbote von Autos mit Verbrennungsmotoren sowie Öl- und Gasheizungen werden diskutiert. Auch die Corona-Pandemie hat, neben der Tragik vieler Krankheitsverläufe, viele Verbote und Einschränkungen gebracht.

„Du sollst!“ „Du sollst nicht!“ — So beginnt auch jedes der 10 Gebote in der Bibel. Also auch hier eine Einschränkung der Freiheit? Das übersieht den Zusammenhang, in dem sie in der Bibel stehen. Gott hat gerade das Volk Israel aus der Sklaverei in Ägypten befreit. Und nun gibt er ihnen einen Leitfaden, um diese neue geschenkte Freiheit zu gestalten. Die 10 Gebote dienen also der Freiheit. Was paradox klingt, wird vielleicht in einem Bild deutlich, in dem die Gebote mit einem Zaun verglichen werden: Wenn eine Schafherde eingezäunt wird, wer wird sich in der Freiheit mehr eingeschränkt fühlen: die Schafe oder die Wölfe?