Die 10 Gebote gehören zu den bekanntesten Texten in der Bibel. Vielen ist aber nur eine verkürzte Fassung bekannt. In dieser fehlt die Selbstvorstellung Gottes am Beginn: „Ich bin dein Gott, der dich aus der Sklaverei in Ägypten geführt hat.“ Dabei ist diese Einleitung der Gebote wichtig, denn die Vorgeschichte ist entscheidend:
Olivier Dantine
ist Superintendent der Evangelischen Kirche für Salzburg und Tirol
Vorzeichen der Gebote
Gott hört das Schreien der versklavten Israeliten und greift ein. Er sendet Mose, um dieses Volk zu befreien. Gott führt es heraus, bewahrt es im Durchzug durch das Schilfmeer, versorgt es in der lebensfeindlichen Wüste mit Wachteln und Manna und bewahrt das Volk vor heranrückenden Feinden. Bevor Gott also die Gebote gibt, wendet er sich dem Volk zu und schenkt ihm Freiheit.
Die Reihenfolge ist entscheidend: Das Erfüllen der Gebote ist nicht die Voraussetzung dafür, dass Gott sich den Menschen zuwendet. Aber die Freiheit, die Gott schenkt, muss verantwortlich gestaltet werden, sonst droht das Recht des Stärkeren, womit diese Freiheit wieder verloren ginge. Und deswegen gibt er seinem Volk die Gebote mit. So wird deutlich, unter welchem Vorzeichen die Gebote stehen: Es geht um Leben in Freiheit und Verantwortung.