Montag, 1.4.2024, Dietmar Stipsits

Der Pfarrer als personifiziertes schlechtes Gewissen

Ist es Aufgabe eines Pfarrers, den Menschen ein schlechtes Gewissen zu machen? Oder geht es doch um ganz was anderes?

Über lange Zeit hindurch war der Pfarrer das personifizierte „schlechte Gewissen“. Die Hauptaufgabe eines Pfarrers war es, den Leuten ein schlechtes Gewissen zu machen und sie zur Umkehr zu bewegen. Christliche Verkündigung bestand über sehr lange Zeit hinweg darin, vor allem von Schuld und Sünde zu predigen, von Geboten und Verboten und den Menschen das Leben zu verdrießen. Mitunter finde ich unter besonders „frommen“ Gläubigen nach wie vor die Einstellung, dass Freude in unserer röm.-kath. Kirche zwar geduldet sei, es aber weit besser sei, auf alles Angenehme zu verzichten.

Dietmar Stipsits
ist römisch-katholischer Pfarrer in Bad Tatzmannsdorf, Bernstein und Mariasdorf

Lebendig sein

Mir vermitteln die Bibel und dieser Jesus aus Nazareth eine andere, eine tatsächlich froh machende Botschaft. So lese ich z. B. im Epheser-Brief: „Gott, der voll Erbarmen ist, hat uns, die wir infolge unserer Sünde tot waren, in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, zusammen mit Christus wieder lebendig gemacht.“ (Eph 2,4)

Ich sehe mein Pfarrer-Sein genau darin gut zusammengefasst, und das versuche ich zu vermitteln, nämlich dass Gott mir kein schlechtes Gewissen machen möchte, sondern voll Erbarmen ist. Und dass Gott möchte, dass ich lebendig bin – voller Energie, mein Leben lebenswert zu gestalten.