Zwischenruf 14.4.2024, Franz Helm

Wem gehört die Erde?

Unlängst bin ich wieder dem Bruder Hans begegnet, wie er außerhalb unserer Klostermauern, dort bei den Parkplätzen in der Gabrielerstraße, Müll eingesammelt hat. In seinem blauen Arbeitsanzug und mit seinem Handkarren. Über 80 ist der Hans mittlerweile.

Eigentlich wäre die Gemeinde zuständig, denn dort ist öffentlicher Grund. Aber Bruder Hans räumt trotzdem regelmäßig Plastiksackerl, Aludosen und sonstigen Abfall weg. Dort an der Außenseite unserer Klostermauer parken die Leute gern für eine Jausenpause, und dann schmeißen sie ihren Abfall raus auf die Wiese oder auf die Straße. Ist ja öffentlicher Grund, nicht ihrer. Wird sich schon jemand drum kümmern…

Franz Helm
ist katholischer Priester und Mitglied des Ordens der Steyler Missionare

Die Erde als Gemeingut

Mich erinnert das daran, dass Papst Franziskus in der Enzyklika „Laudato Si“ vor mittlerweile fast zehn Jahren geschrieben hat, die Atmosphäre des Planeten Erde sei ein „Gemeingut“. Sie gehört allen, ist also auch „öffentlicher Grund“, sozusagen. Auch die Atmosphäre wird zugemüllt, mit Treibhausgasen, die ein Abfallprodukt unserer Energieversorgung oder unserer wirtschaftlichen Aktivitäten sind. Wer haftet dafür? Wer übernimmt Verantwortung und kümmert sich drum?

Mir will scheinen: Wenn es darum geht, persönliche Vorteile oder persönlichen Profit zu haben, wird schnell etwas zum persönlichen Eigentum oder zum Firmeneigentum, das eigentlich der Allgemeinheit oder jemand anderem gehört. Zum Beispiel indigenes Land in Südamerika oder in den Polarregionen. Für neue Sojaplantagen oder die Gewinnung von Rohstoffen kommt es zur Zerstörung von Lebensräumen, auf denen Jahrtausende lang diese Völker gelebt haben. Sie haben dort ihre Toten bestattet, sie haben gejagt und gefischt, ohne die Natur zu zerstören. Sie haben Pflanzen kultiviert und Heilpflanzen gesammelt. So viel indigenes Wissen ist über viele Generationen entwickelt worden! Und jetzt werden oft genau diese Pflanzen von multinationalen Konzernen vermarktet. Sie eignen sich dieses Wissen an und machen es zu Geld.

Zwischenruf
Sonntag, 14.4.2024, 6.55 Uhr, Ö1

Geliehen von kommenden Generationen

Ist es nicht ähnlich mit gentechnisch verändertem Saatgut? Auf einmal wird etwas patentiert und zum geschützten Privateigentum, das über Jahrtausende von vielen Generationen entwickelt und weitergegeben wurde. Nun wird es teuer an andere weiterverkauft. Dabei ist es doch ein Erbe der ganzen Menschheit, ein Weltkulturerbe!

Wenn etwas kultiviert werden kann, dann muss es zuerst einmal da sein. Für mich als gläubigen Menschen gehört die Erde nicht mir oder dir. Sie gehört Gott. Denn er hat sie geschaffen. Und wir haben sie geliehen von den kommenden Generationen, damit wir sie als intakten Lebensraum an sie weitergeben.

Wie schreibt Papst Franziskus doch in „Laudato Si“? „Dem HERRN gehört die Erde“ (Ps 24,1), ihm gehört letztlich „die Erde und alles, was auf ihr lebt“ (Dtn 10,14) – beides Feststellungen aus der Hebräischen Bibel. Darum lehnt Gott jeden Anspruch auf absolutes Eigentum ab, wie es in „Laudato Si“ heißt. (LS 67). So sehen das auch andere Religionen. Im Koran sind die Menschen Stadthalter, die Gottes Schöpfung schützen sollen. Und der Buddhismus lehrt Achtsamkeit. Jene Haltung, die mein Mitbruder Hans, der katholische Ordensmann, lebt, beim Müll einsammeln an unserer Klostermauer.