Wir sind heute jeden Tag mit jener Menge an Information konfrontiert, die im Mittelalter während eines gesamten Lebens zu verarbeiten war, habe ich gehört. Das kann man sich gut vorstellen. Ein reitender Bote brauchte rund drei Wochen, bis er die Botschaft, dass etwa ein neuer Papst gewählt worden war, von Rom nach Wien bringen konnte. Heute sind wir überall live dabei. In der Sekunde erreichen uns Infos.
Michael Chalupka
ist Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich
Schweigen, ein Zeichen von Gottvertrauen
Und es bleibt nicht bei den Informationen. Sie schreien danach, dass wir uns zu ihnen verhalten und uns zu ihnen auch äußern. Nichts darf unkommentiert bleiben. Die Welt ist schlecht und voller Gräuel, und wir werden ständig darüber informiert. Geben wir uns nicht betroffen oder empört, fühlen wir uns ertappt, nicht genügend Empathie und Mitgefühl aufzubringen.
So hat jede und jeder zu fast allem eine Meinung. Dass diese Meinung wegen der Fülle der Informationen nicht sehr fundiert sein kann, scheint wenig zu stören. Hauptsache, sie wird lautstark vertreten. In den Psalmen aber kann Schweigen ein Zeichen von Gottvertrauen sein. „Ich will schweigen und meinen Mund nicht auftun; denn du hast es getan.“ Das ist ein schönes Morgengebet.