Mauer mit Namen vor dem Musuem für die Familie Ulma, die Jüdinnen und Juden versteckte und von den Nationalsozialisten ermordet wurde, in Markowa, Polen
APA/AFP/Wojtek Radwanski
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1944 ermordet

Polnische Familie versteckte Juden: Seligsprechung

Die 1944 in Polen von deutschen Besatzungspolizisten ermordeten neun Mitglieder der Familie Ulma werden am 10. September seliggesprochen. Das entschied Papst Franziskus, wie die ostpolnische Erzdiözese Przemysl am Mittwoch mitteilte.

Der Landwirt Jozef Ulma, seine im siebenten Monat schwangere Frau Wiktoria sowie die sechs Kinder im Alter von eineinhalb bis acht Jahren hatten auf ihrem Bauernhof jüdische Menschen vor den Nationalsozialisten versteckt und waren deswegen erschossen worden.

Die Seligsprechungsmesse im einstigen Wohnort der Ulmas, dem Dorf Markowa, werde der Leiter der Vatikanbehörde für Heiligsprechungen, Kurienkardinal Marcello Semeraro, feiern, kündigte die örtliche Erzdiözese laut Katholischer Nachrichten-Agentur KNA an. Papst Franziskus hatte im Dezember den Märtyrertod des Ehepaares Ulma und ihrer sieben Kinder anerkannt. Damit stand der Seligsprechung nichts mehr im Weg.

Eineinhalb Jahre lang versteckt

Die Familie hatte eineinhalb Jahre lang acht Juden und Jüdinnen auf ihrem Bauernhof im polnischen Karpatenvorland versteckt und sie so vor der Deportation in ein nationalsozialistisches Vernichtungslager geschützt. Verraten haben soll sie ein Mann aus einer benachbarten Kleinstadt. Ihm hatte eine versteckte jüdische Familie ihren Besitz anvertraut. Die Polizisten ermordeten die acht Juden und Jüdinnen noch vor der Familie Ulma.

Die Familie Ulma gilt in Polen als Symbol für die Hilfe für Juden und des Märtyrertums während der deutschen Besatzung. 2016 eröffnete Staatspräsident Andrzej Duda in Markowa ein Familie-Ulma-Museum zu Ehren der Polen, die Juden vor dem Holocaust retteten.

Ehrentitel „Gerechte unter den Völkern“

Seit 2018 ist der Jahrestag der Ermordung der Familie Ulma, der 24. März, auf Beschluss Dudas ein nationaler Gedenktag für die polnischen Retter jüdischer Menschen. Die israelische Gedenkstätte Jad Vaschem verlieh den Ulmas 1995 den Ehrentitel „Gerechte unter den Völkern“. Die Erzdiözese hatte das Seligsprechungsverfahren für die Familie 2003 eingeleitet.

Allein in der Region Vorkarpaten versteckten laut Historikern mindestens 1.600 Polen rund 2.900 Juden im Zweiten Weltkrieg vor den deutschen Besatzern. Die Nationalsozialisten sollen dort etwa 200 Polen ermordet haben, weil sie Juden retten wollten. Der Staat Israel zeichnete bisher mehr als 7.200 Polinnen und Polen für die Rettung von Juden als „Gerechte unter den Völkern“ aus – so viele wie aus keiner anderen Nation.