Todesfall

Aufarbeitung von Missbrauch: Aktivist Rothwangl gestorben

Der steirische Aktivist Sepp Rothwangl (73), der sich für die Aufarbeitung kirchlicher Missbrauchsfälle unter anderem innerhalb der Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt eingesetzt hat, ist verstorben. Das berichtet der Humanistische Verband Österreich (HVÖ) auf seiner Website.

Rothwangl sei schon am 18. Jänner in seiner Mürztaler Almhütte gestorben, die er nie für längere Zeit verließ, berichtete der HVÖ. Der 1950 geborene Waldbauer im Mürztal war laut dem Verband als „Aktivist für Säkularisierung“ bekannt.

Als zahlreiche Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche Österreichs zum Thema wurde, schloss Rothwangl sich 2010 der neu gegründeten Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt an, später wurde er deren Obmann. Selbst ein Opfer sexueller Gewalt in seiner Schulzeit in einem katholischen Internat, sei er „mit humorvollem Aktionismus in der Öffentlichkeit“ angetreten, „um auf witzige, aber trotzdem ernste Art auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen“, so der HVÖ in einem Nachruf.

Ein Mühlstein für Kardinal Groer

So deponierte er 2014 einen Mühlstein an einem Denkmal, aus dessen Mitte der Kopf Kardinal Hans Hermann Groers ragte. Der Altkardinal war von mehreren Personen des sexuellen Missbrauchs beschuldigt worden. „Die Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt sieht in der Tafel eine Leugnung der ‚sexuellen Missbrauchsverbrechen Groers‘“, hieß es damals – mehr dazu in Wirbel um Groer-Denkmal in Oberösterreich.

Der Aktivist gegen sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche Spp Rothwangl
Jakob Purkarthofer
Aktivist Rothwangl (1950–2024)

„Aktivist für Säkularisierung“

„Ihn empörte es, dass die römisch-katholische Kirche – obwohl des tausendfachen Missbrauchs beschuldigt – ungeschoren davonkommen konnte, aufgrund der Verhaberung von Politik und Kirche“, so der Nachruf.

„Auch wenn Sepp die meiste Zeit seines Lebens in seiner Waldhütte im Mürztal verbrachte, war er doch ein unermüdlicher Networker“, so der Nachruf des HVÖ, dessen Mitglied Rothwangl ebenfalls war. Zu Zeiten der Coronavirus-Pandemie brachte Rothwangl die erste Verfassungsbeschwerde gegen den Lockdown ein. „Er sah in den Corona-Maßnahmen mit den Ausgangsbeschränkungen eine unnötige und unzumutbare Einschränkung der persönlichen Freiheit.“

Wollte Kalender ersetzen

Auch als Hobbyforscher sei Rothwangl tätig gewesen: „Er kritisierte unsere christliche Zeitrechnung, die auf das Jahr 2000 als das Ende der Zeit, ausgereichtet ist, symbolisiert durch die Konjunktion der Planeten in diesem Jahr.“ Die Kirche habe, argumentierte der Aktivist, die Zeitrechnung als Instrument der konfessionellen Unterdrückung genützt. Daher habe Rothwangl gefordert, den Gregorianischen Kalender durch eine „naturwissenschaftliche Zeitrechnung“ zu ersetzen.

Die Beisetzung von Sepp Rothwangl findet am Freitag in Mürzzuschlag statt. Statt Blumen – und Kranzspenden wünschen die Angehörigen laut Parte eine Zuwendung an die Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt.