Di., 15.12.2020, 22:35 Uhr, ORF 2

„Die Kirche bin ich“ und „Konklave – Das letzte Geheimnis“

Warum eskalieren in der katholischen Kirche die Flügelkämpfe zwischen „Konservativen“ und „Reformern“ heute oft so heftig? Und woher kommt der Eindruck, Rom erhebe den Anspruch, die „ewig gültige, unveränderliche“ katholische Lehre zu verteidigen?

Di., 15.12.2020, 22:35 Uhr, ORF 2

„kreuz und quer“

Jeden Dienstag um 22.30 Uhr in ORF 2

Klaus T. Steindls „kreuz und quer“-Dokumentation „Die Kirche bin ich – Wie der Papst unfehlbar wurde“ zeigt, dass darin das Erste Vatikanische Konzil (1869–1970) und die von Papst Pius IX. beanspruchte Unfehlbarkeit mit ungeheurer Macht nachwirken:

In der neuen ORF/BR-Koproduktion begibt sich der renommierte Kirchenhistoriker Hubert Wolf auf die Spuren des auf dem Ersten Vatikanischen Konzil beschlossenen Dogmas der Unfehlbarkeit des Papstes.

Um 23.20 Uhr folgt der Film „Konklave – Das letzte Geheimnis“ von Michael Cencig und Fritz Kalteis.

Statuen auf der Umrandung des Petersplatzes im Vatikan
ORF/Metafilm

„Die Kirche bin ich – Wie der Papst unfehlbar wurde“

Vor 150 Jahren verkündete Papst Pius IX. das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes in der Konzilsaula in Rom. Es besagt, dass der Papst nicht irren kann, wenn es um Lehrentscheidungen in Glaubens- und Sittenfragen geht, die er „ex cathedra“ als endgültig entschieden verkündet.

Das Trauma der Französischen Revolution, die Säkularisierung und ihre Religionskritik hatten im 19. Jahrhundert ein tiefes Misstrauen Roms gegenüber der Moderne begründet.

Das neue aufgeklärte Selbstbewusstsein verfolgten katholische Kreise in Europa und in Übersee mit Sorge. Man befürchtete, die „Willkür freier Gewissensentscheidungen“ müsse zur Auflösung alter Ordnungen führen. Um diesen „Verfallserscheinungen“ entgegenzuwirken, meinte man, das Papsttum stärken zu müssen.

Galt über Jahrhunderte „die Kirche von Rom“ – mit ihrem Bischof – als Hort der treuen und authentischen Glaubensüberlieferung, spitzte sich diese Überzeugung nun ganz auf das Amt des Papstes zu. Folgerichtig sagte Pius IX. von sich selbst: „Die Kirche bin ich!“ So „erfand sich der Katholizismus neu“, sagt Hubert Wolf, und umkleidete die neue Strategie mit der Aura angeblich uralter Traditionen, die „immer schon“ gegolten hätten.

Seit ihrer Verkündung sorgt die Unfehlbarkeit des Papstes für Kontroversen. Der Papst hat nun die ganze Vollmacht über die römisch-katholische Kirche: Er kann jedem Bischof vorschreiben, was er in seinem Bistum tun oder lassen soll.

Er kann Katholikinnen und Katholiken auf der ganzen Welt Vorschriften in Glaubens-, Lebens- und Moralfragen machen. Die ursprünglich eng gefasste Unfehlbarkeit wurde bis ins 20. Jahrhundert de facto Schritt für Schritt ausgeweitet:

Verschiedene Äußerungen des Papstes, Enzykliken und Rundschreiben werden von den Gläubigen wie unfehlbare Lehrentscheidungen aufgenommen.

Hubert Wolf hat Jahre in verschiedenen Archiven des Vatikans geforscht und faszinierende Erkenntnisse ans Tageslicht gebracht. Diese werfen ein neues Licht auf Papst Pius IX. und seine Berater auf dem Weg zur Unfehlbarkeit. So konnte der Kirchenhistoriker nachweisen, dass einer der namhaftesten theologischen Berater von Pius IX., der das Unfehlbarkeitsdogma mitformulierte, Jahre zuvor von der Inquisition als Häretiker verurteilt worden war.

Der Film begibt sich an die Originalschauplätze des Lebens von Papst Pius IX. Aufgezeigt werden die massiven indirekten Auswirkungen der Unfehlbarkeit bis heute, etwa die Irritationen durch die Enzyklika „Humanae Vitae“ (1968), in der Papst Paul VI. künstliche Verhütung ausnahmslos als sittlich verboten verurteilte, oder das Apostolische Schreiben von Johannes Paul II. (1994), in dem er definitiv verfügte, dass die Kirche Frauen niemals die Priesterweihe spenden könne.

Diese päpstlichen Schreiben wurden wie Dogmen mit dem Anspruch auf höchste Verbindlichkeit aufgenommen. Unter Theologen wird über diesen Anspruch kontrovers diskutiert.

In aufwendig gestalteten Spielszenen kommen historische Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts in fiktiven Interviews zu Wort. Befürworter und Gegner der Unfehlbarkeit standen einander schon vor 150 Jahren unversöhnlich gegenüber, die Aussagen der Interview-Szenen beruhen auf Originalzitaten.

Zu Wort kommen Theologen, Kardinäle und eine Frau, die damals heftig das Wort ergriff, als es um das Dogma ging: Cristina Trivulzio Belgiojoso – eine italienische Intellektuelle und Vorreiterin für Frauenrechte.

Ein Film von Klaus T. Steindl

„Konklave – Das letzte Geheimnis“

Die Papstwahl – streng geheim hinter verschlossenen Türen – ist geheimnisumwittert und sorgt wie keine andere Postenbesetzung weltweit für Aufsehen und Anteilnahme.

Ab dem Zeitpunkt, an dem die Kardinäle ins Konklave einziehen, bleiben die Zuseher/innen jedoch ausgesperrt und müssen sich mit Rauchzeichen aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle begnügen.

Erst wenn weißer Rauch aufsteigt, ist ein neuer Papst gewählt. Der Film von Michael Cencig und Fritz Kalteis zeigt, was hinter den verschlossenen Türen der Sixtinischen Kapelle passiert: wie die Wahl im Detail abläuft und von welchem Moment an der Gewählte Papst ist; warum das Konklave erfunden wurde, wie die Regeln und Rituale entstanden sind und wie die Kardinäle zu den einzigen Wählern wurden.

Ein Film von Michael Cencig und Fritz Kalteis