Hermann Bürstmayr von der Wiener Universität für Bodenkultur setzt große Hoffnung in CRISPR-Cas9.
ORF/Langbein & Partner
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Di., 02.02.2021, 22:35 Uhr, ORF 2

„Natur nach Maß – Wie Gene manipuliert werden“ und „Kehrtwende – Leben auf Anfang“

Mit der „Gen-Schere“ CRISPR-Cas9 kann erstmals das Genom überall gezielt verändert werden. Der Eingriff hinterlässt keine Spuren. Eine Revolution in der Pflanzenzucht und Medizin – aber auch eine mögliche Katastrophe für Zivilisation, Ethik und Natur.

Di., 02.02.2021, 22:35 Uhr, ORF 2

„kreuz und quer“

Jeden Dienstag um 22.30 Uhr in ORF 2

Ausgangspunkt war eine Forschung an Scharlach-Bakterien durch die Mikrobiologin Emanuelle Charpentier in Wien. Dabei entdeckte sie, wie sich diese mit Hilfe einer Genmodifikation gegen Viren wehren.

Diesen Mechanismus kann sich nun der Mensch für therapeutische Zwecke zunutze machen. Doch greift er damit nicht auch in die Schöpfung ein? Eine ethische Herausforderung mit ungeheurer Tragweite.

In der neuen „kreuz und quer“-Dokumentation „Natur nach Maß – Wie Gene manipuliert werden“ setzen sich Kurt Langbein und Anna Katharina Wohlgenannt am Dienstag, dem 2. Februar 2021, um 22.35 Uhr in ORF 2 mit den Risiken von CRISPR-Cas9 auseinander – und mit den Möglichkeiten, die sich ergeben, wenn Wissenschafter/innen die Bausteine des Lebens verändern.

Was ist der Sinn meines Lebens? Mit „Kehrtwende – Leben auf Anfang“ folgt um 23.25 Uhr eine Dokumentation über „Downsizer“, die Beruf für Berufung aufgeben: Julia Wallnöfer begleitet für „kreuz und quer“ drei Menschen, die eine echte Kehrtwende in ihrem Leben vollzogen haben.

„Natur nach Maß – Wie Gene manipuliert werden“

In Medizin, Biotechnologie und Landwirtschaft gilt die CRISPR-Cas9-Technologie als Revolution. Sie ist ein leistungsfähiges und vielseitiges Werkzeug, um jede beliebige Gensequenz in den Zellen lebender Organismen zu verändern.

Emanuelle Charpentier ist eine forschende Nomadin und (Mit-)Entdeckerin des CRISPR-Cas9-Mechanismus
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Die französische Mikrobiologin Emanuelle Charpentier

Entdeckt wurde es von der US-Molekularbiologin Jennifer Doudna und der französischen Mikrobiologin Emanuelle Charpentier, die zwischen 2002 und 2009 in Wien forschte und hier die ersten Grundlagen für die spätere „Gen-Schere“ entwickelte.

Ihre Entdeckung begann mit einem glücklichen Zufall: Eigentlich untersuchte Charpentier jene Abwehrmechanismen, die Bakterien einsetzen, um sich gegen Viren zu schützen. Dabei erkannte sie, dass die Bakterien das Viren-Erbgut zwischen zwei RNA-Molekülen zerschneiden und so Viren erfolgreich außer Gefecht setzen.

Der Bioinformatiker Christoph Bock forscht an Krebstherapien mit CRISPR-Cas9
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Der Bioinformatiker Christoph Bock forscht an Krebstherapien mit CRISPR-Cas9

Diese sogenannte „Guide-RNA“ lässt sich im Labor beliebig nachbauen, ist punktgenau und hinterlässt durch ihre Präzision keine Spuren. Als die zwei Wissenschafterinnen ihre Ergebnisse im August 2012 im Wissenschaftsjournal „Science“ publizierten, löste das einen regelrechten Boom aus.

Heute ist die Gen-Schere aus den Biowissenschaften nicht mehr wegzudenken. So gibt es kaum ein molekularbiologisches Labor, das nicht mit CRISPR-Cas9 arbeitet. Emanuelle Charpentier und Jennifer Doudna wurden 2020 für ihre Entdeckung mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.

Lena Riedl wurde mit der Schmetterlingskrankheit geboren und hofft auf eine Gentherapie
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Lena Riedl wurde mit der Schmetterlingskrankheit geboren und hofft auf eine Gentherapie

Für Lena Riedl, die seit ihrer Geburt an Epidermolysis bullosa – vulgo Schmetterlingskrankheit – leidet, stellt die Gen-Schere eine große Hoffnung dar. Denn eine Gentherapie könnte Heilung für den Gendefekt ihrer Haut bringen.

Und auch Hermann Bürstmayr von der BOKU Wien hält CRISPR-Cas9 für eine Zukunftstechnologie, die der Pflanzenzüchtung und der Landwirtschaft neue Impulse geben kann. So findet er es faszinierend, dass man mit CRISPR-Cas9 glutenfreien Weizen züchten könnte.

Der US-amerikanische Biohacker Josiah Zayner will CRISPR-Cas9 für jedermann zugänglich machen und verkauft Test-Kits um wenig Geld im Internet. In der EU ist das verboten, in den USA dürfen hingegen auch Privatpersonen mit Gentechnik experimentieren.

Sebastian Theissing-Matei von Greenpeace macht das Potenzial von CRISPR-Cas9 Sorgen. Wenn etwa überlegt wird, damit auf eine ganze Spezies wie die Malaria-Mücke einzuwirken, um so die Krankheit Malaria auszurotten, stellt sich die Frage: mit welchen Konsequenzen für das gesamte Ökosystem?

Im Tierbereich gibt es immer mehr Experimente, um die Produktion von Muskelmassen bei Nutztierhaltung zu erhöhen. Auf einem Forschungsbauernhof in Bayern werden außerdem bereits jetzt die Herzen von Schweinen genetisch so verändert, dass ihre Organe vom Immunsystem des Menschen nicht als fremd erkannt werden und somit in naher Zukunft als Spenderherzen in Frage kommen könnten.

Zu guter Letzt wird mit der Gen-Schere die Versuchung groß, dem Elternwunsch nach gesundem Nachwuchs zu entsprechen. Dieser Eingriff in die Keimbahn ist zwar verboten, in China hat er aber dennoch bereits stattgefunden. Im November 2018 wurden hier zwei Designerbabys geboren.

In der Dokumentation „Natur nach Maß“ erzählen Emanuelle Charpentier und ihre Forscherkollegen Krzysztof Chylinski und Rodger Novak die Geschichte der Entdeckung von CRISPR-Cas9 und geben Einblicke in das große Potenzial, das sich aus diesem Werkzeug ergibt, ebenso wie in die enormen Gefahren.

Ein Film von Kurt Langbein und Anna Katharina Wohlgenannt

„Kehrtwende – Leben auf Anfang“

Sie haben ihren Beruf, ihren Glauben oder ihre Lebensweise radikal verändert, ihr Leben „auf Anfang“ gestellt: Physiker Albert Reiner glaubte an keinen Gott und ist nun katholischer Priester.

Alexander Greiner lebte lange für seinen Job als Unternehmensberater, bevor die Schockdiagnose Krebs die Kehrtwende brachte.

Monica Aschauer hatte einen Job als Headhunterin in der Privatwirtschaft, heute betreut sie sterbenskranke Menschen auf einer Palliativstation. Diese drei Lebensgeschichten stehen stellvertretend für eine gesellschaftliche Entwicklung.

Immer mehr Menschen in den westlichen Wohlstandsgesellschaften hinterfragen die Sinnhaftigkeit ihres Lebens. Sogenannte „Downsizer“ sind bereit, ihre berufliche Karriere aufzugeben, um ihrer wahren Berufung zu folgen bzw. ihr Lebensglück zu finden.

Kaplan Albert Reiner
ORF/Martin Cargnelli
Physiker Albert Reiner glaubte an keinen Gott und ist nun katholischer Priester

Albert Reiner startete seine Sinnsuche im Alter von 35 Jahren. Damals machte ihn die Begegnung mit einem hochgeschätzten Physiker-Kollegen, der sich als bekennender Christ „outete“, stutzig, und er begann, der Sache mit dem Glauben neu auf den Grund zu gehen. Ist es möglich, analytischen Verstand und Glauben zu verbinden?

 Autor Alexander Greiner in Gesangsstunde mit Katja Kalmar, Wien
ORF/Posch TV/Julia Wallnöfer
Autor Alexander Greiner in Gesangsstunde mit Katja Kalmar, Wien

Alexander Greiner war bereits auf dem Weg, sich beruflich neu auszurichten und sein eigenes Unternehmen zu gründen, als bei ihm Hodenkrebs diagnostiziert wurde. Doch er beschloss, um sein Leben zu kämpfen.

Er veränderte dafür nicht nur seine Lebensweise, sondern auch seine Lebenseinstellung radikal. Und er machte sich auf die Suche nach seinem leiblichen Vater.

Krankenschwester Monica Aschauer in der Palliativstation St. Raphael im Krankenhaus Göttlicher Heiland, Wien
ORF/Posch TV/Julia Wallnöfer
Krankenschwester Monica Aschauer in der Palliativstation St. Raphael im Krankenhaus Göttlicher Heiland, Wien

Monica Aschauer hatte in ihrem Beruf in der Personalberatung von großen Unternehmen schon länger das Gefühl, irgendwie „falsch am Platz“ zu sein. Bei einer Predigt in der Sonntagsmesse hatte sie dann plötzlich die Eingebung „Ich will in einem Hospiz arbeiten“.

Mit 40 Jahren begann sie ihre Ausbildung an der Pflegeschule. Ein Schritt, der eine große finanzielle Einbuße mit sich brachte. Doch der positive Effekt des „Downsizings“ sei, so Aschauer, „einen Beruf zu haben, der wirklich meine Berufung ist“.

Ein Film von Julia Wallnöfer