LEBENSKUNST – Begegnungen am Sonntagmorgen 8. Mai 2022

Jiddisch in Lemberg

Bibelessay zu Offenbarung 7, 9.14b-17 | Die Österreichische JungArbeiterBewegung | Erinnerungen an Baruch Dorfman | Aus dem Leben einer Bhikkhuni | Muttertag musikalisch

Rufe aus der Drangsal – Bibelessay zu Offenbarung 7, 9.14b-17

An apokalyptische Zustände mögen den einen oder die andere derzeitige Nachrichten erinnern – und das nicht von ungefähr. Apokalypsen, wie es sie unter anderem in der Hebräischen Bibel gibt, berichten in prophetisch-visionärer Sprache vom katastrophalen „Ende der Geschichte“. Aber sie erzählen auch vom Kommen und Sein des „Reichs Gottes“. Eine apokalyptische Schrift des Neuen Testaments ist das „Buch der Offenbarung“, verfasst von einem frühchristlichen Autor jüdischer Herkunft. Ursprünglich hat es sich als Trost- und Hoffnungsschrift an unterdrückte und verfolgte Christ/innen im Römischen Reich gerichtet.

Lebenskunst
Sonntag, 8.5.2022, 7.05 Uhr, Ö1

Für den katholischen Theologen und Judaisten Wolfgang Treitler ist jener Abschnitt, der am Sonntag, 8. Mai, auf dem liturgischen Leseplan der katholischen Kirche steht, ein markanter jüdisch-messianischer Text. Das heißt, ein Text, der in Erwartung eines von Gott gesandten Erlösers steht und damit die Frage nach Gott und seinem Gesandten offenhält – und somit auch eine Perspektive der Zukunft. „Wenn ich diese Frage nach Gott aufgäbe, dann ergäbe ich mich endgültig dem Schrecken der Gewalt“, meint Wolfgang Treitler.

Anpacken, wo Hilfe nötig ist – Die Österreichische JungArbeiterBewegung

Sie geht auf den 8. Mai 1945 und damit auf das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa zurück: die Österreichische JungArbeiterBewegung „ÖJAB". Kurz danach, 1946, waren es junge Männer, Arbeiter aus den Bundesländern, die zum Wiederaufbau nach Wien geholt wurden. Heute betreut die ÖJAB an 40 Standorten junge und alte Menschen und beschäftigt 720 hauptamtliche Mitarbeiter/innen. Sie versteht sich als überparteilicher, gemeinnütziger Verein, der auf den Fundamenten einer christlichen Weltanschauung fußt.

Zentrale Aufgaben der ÖJAB sind die Führung von Wohnheimen für Studentinnen und Senioren, stationäre und mobile Pflege, Ausbildung, Integration benachteiligter Menschen, europäische Bildungsprojekte und Entwicklungszusammenarbeit. Derzeit beherbergt die ÖJAB auch vertriebene Menschen aus der Ukraine. Maria Harmer hat die Geschäftsführerin der ÖJAB, Monika Schüssler, in einem Student/innenheim im 2. Bezirk in Wien getroffen, von dessen Terrasse aus der Stephansdom zu sehen ist, „wo das Herz der ÖJAB liegt“, wie Monika Schüssler es formuliert und erläutert.

Jiddisch in Lemberg – Erinnerungen an Baruch Dorfman

Die traditionsreiche Stadt Lwiw/Lwów/Lemberg im Westen der Ukraine ist durch den derzeitigen Krieg in Europa wieder ins Interesse gerückt. „Eine kleine Filiale der großen Welt“, so nannte Joseph Roth die einstige Hauptstadt des historischen Galiziens, eine multikulturelle Metropole, in der u.a. Deutsch, Polnisch und auch Jiddisch gesprochen wurde. Die Mischung aus Mittelhochdeutsch, Hebräisch und slawischen Einflüssen wird mit hebräischen Buchstaben geschrieben – und ist für Deutsch sprechende Menschen doch verständlich.

Mehr als 150.000 Jüdinnen und Juden lebten und arbeiteten vor dem Zweiten Weltkrieg im sogenannten „Jerusalem des Ostens“. Jetzt existiert in Lemberg nur noch eine sehr kleine jüdische Gemeinde, zu der auch Baruch Dorfman gehört hat, der vermutlich letzte, dessen Muttersprache das Jiddische war. Vor wenigen Wochen ist der Publizist und Erforscher der jiddischen Kultur Galiziens 98-jährig gestorben. Benjamin Breitegger war vor Ausbruch des Krieges in Lemberg und hat damals auch ein letztes Mal Baruch Dorfman getroffen.

Von der Steiermark über Asien nach Kalifornien – Aus dem Leben einer Bhikkhuni

Bhikkhunis, das sind buddhistische Nonnen – und eine solche ist Silvia Bayer. Bei einer Thailandreise ist die gebürtige Steirerin zum ersten Mal in Kontakt mit dem Buddhismus gekommen. Das war vor mehr als 30 Jahren. Mittlerweile wurde aus Silvia Bayer, die in Bruck an der Mur geboren und aufgewachsen ist und in Wien Ethnologie studiert und an einem Theater gearbeitet hat, die Buddhistin Ayya Santacitta. Seit 2011 ist sie ordinierte buddhistische Nonne der Theravada-Tradition.

Bhikkhuni Ayya Santacitta Buddhistische Nonne Silvia Bayer
ORF/Maria Harmer
Bhikkhunī Santacittā während ihres Aufenthaltes in Wien

Buchhinweis:
Bhikkhunī Ānandabodhī/Bhikkhunī Santacittā, „Leaving it all behind“, Āloka Vihāra Publications

Ein besonderes Anliegen in all den Jahren ist ihr die Zukunft des Lebens und der Schutz der Erde. Sie wurde Mitbegründerin eines buddhistischen Waldklosters in der Sierra Nevada: eine der ersten Gemeinschaften der Theravada-Tradition außerhalb Asiens, die die Förderung weiblicher Praxis als ihre Aufgabe sieht. Maria Harmer hat Santacitta Bhikkhuni während ihres jüngsten Österreich-Besuches in ihrer Wiener Bleibe besucht.

Muttertag musikalisch – Motetten von Mozart bis Grieg

Sie ist eine der berühmtesten Mütter überhaupt, bestimmt aber des Christentums. Und unzählige geistliche Stücke sind quer durch die Jahrhunderte für und über sie komponiert worden: Maria, Mutter des Jesus von Nazareth und als Gottesmutter verehrt. Als Meerstern, als Stella Maris, angerufen, symbolisiert die Heilige Maria den rettenden Stern, der die Richtung weist.

Den oft vertonten marianischen Hymnus „Ave Maris Stella“ hat auch der norwegische Komponist Edward Grieg für Chor gesetzt und damit eines seiner bekanntesten Musikstücke geschaffen, in LEBENSKUNST am Muttertag 2022 zu hören in einer exemplarischen Aufnahme mit dem Gabrieli Consort. Ebenso wie der von Wolfgang Amadeus Mozart vertonte Hymnus „Sancta Maria, mater Dei“, den der Arnold Schönberg Chor und der Concentus Musicus Wien unter Nikolaus Harnoncourt musizieren. Musikauswahl: Martin Gross

Redaktion & Moderation: Doris Appel