Praxis – Religion und Gesellschaft 17.5.2023

Islamstudien und Politik

Studie: Muslimischer Religionsunterricht |Zukunftsperspektiven ukrainischer Frauen | Forderung transparenter Lieferketten

Islamstudien und Politik

„Effekte des islamischen Religionsunterrichts in Österreich“ lautet der Titel einer Studie, die teilweise für Irritation sorgt. Der Fragenkatalog sei tendenziös formuliert, die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) spricht gar von einer „rassistischen Natur“ der Studie. Er habe noch keine Forschungsergebnisse, sondern lediglich einen Fragebogen, aus dem die Kritiker:innen „gewisse Sachen“ abgeleitet hätten, verteidigt sich der Projektleiter und Professor für islamische Religionspädagogik Ednan Aslan: „Aber diese Ableitungen sind mehr ideologisch politisch motiviert, daher kann man diese Kritik aus wissenschaftlicher Perspektive nicht ganz ernst nehmen.“

Praxis
Mittwoch, 17.5.2023, 16.05 Uhr, Ö1

Die Studie zum muslimischen Religionsunterricht steht nicht allein: eine Moscheestudie, ein Kurzbericht zu muslimischen Influencern, eine Studie zu Islam und Rechtsstaat… Beinahe wöchentlich werden momentan neue Studien zu medienwirksamen Reizthemen rund um den Islam in Österreich veröffentlicht. „Die Muslime sind wohl die meistuntersuchte Bevölkerungsgruppe in diesem Land.“, sagt der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft Ümit Vural.

Der Politologe Peter Filzmaier stellt fest: „Studien sind kein Instrument, um ein Feindbild Islam aufzubauen, aber bei den meisten der Studien handelt es sich nicht um allgemein finanzierte Grundlagenforschung, sondern um Auftragsforschung. Das ist überhaupt nichts Böses, aber es nützt dem Auftraggeber, seine Interessen nachher zu kommunizieren.“ Der Soziologe und Umfrageforscher Wolfgang Aschauer plädiert dafür, „die betroffenen Personen von Anfang an auf Augenhöhe in die Studie einzubinden und nicht zum reinen Untersuchungsobjekt zu degradieren“. – Gestaltung: Lisa Ganglbaur

Ukraine: Unterwegs nach Hause in den Krieg

Iryna packt ihre Sachen. Mit demselben Koffer ist die 23-jährige Ukrainerin vor einem Jahr in Wien angekommen. Inmitten der chaotischen ersten Wochen eines Krieges, der immer noch in ihrem Heimatland wütet. Trotzdem hat sich Iryna entschlossen wieder nach Hause zu ziehen. Ihre Familie ist dort, ihre Freund:innen, mit denen sie im letzten Jahr nur via Social Media und Telegram verbunden war. „Es ist einerseits super, dass ich sehen kann, was bei meinen Freund:innen los ist, andererseits sehe ich, was alles ohne mich passiert“, stellt Iryna fest.

Mit ihren gemischten Gefühlen zwischen Sicherheitsbedürfnis und Heimweh spiegelt Iryna nahezu perfekt die Ergebnisse der Studie von Soziologin Sonja Dörfler-Bolt wider. Sie hat für das „Österreichische Institut für Familienforschung“ aus der Ukraine vertriebene Frauen in Österreich zu ihrer aktuellen Situation und zu ihren Zukunftsperspektiven befragt. Derzeit entscheiden sich nur wenige der Befragten, wie Iryna, für eine Rückkehr nach Hause in den Krieg. – Gestaltung: Amelie Sztatecsny

„Fast Fashion“ gegen „Clean Clothes“ – Lieferketten in der Textilindustrie

In den Schaufenstern von internationalen Modeketten und kleinen Boutiquen lockt die aktuelle Sommer-Kollektion. Doch wo und unter welchen Bedingungen wurde sie erzeugt? Welche Transportwege hat sie zurückgelegt? Wie viele Ressourcen verbraucht? Fragen, die sich immer mehr Konsument:innen stellen, auf die sie in den Geschäften selbst aber selten eine befriedigende Antwort bekommen. Man wisse es nicht, könne nur auf die Lieferanten vertrauen, heißt es da oft. Oder man verweist auf die Konzernzentrale. Aus „Fast Fashion“ wurde in den letzten Jahren „Ultra Fast Fashion“: noch mehr Billigkleidung, noch schneller produziert – mit weitreichenden Auswirkungen nicht nur für die Umwelt, sondern auch für Menschen- und Arbeitsrechte.

NGOs fordern transparente Lieferketten und gerechte Arbeitsbedingungen. Auch die Kommission der katholischen Bischofskonferenzen der EU hat das Europaparlament aufgefordert, das Gesetz umfassender zu formulieren. Ende April wurde im EU-Parlament über einen Gesetzesentwurf zum sogenannten „EU-Lieferkettengesetz“ abgestimmt, der nun heftig kritisiert wird und voraussichtlich am 1. Juni in die nächste Runde geht. – Gestaltung: Maria Harmer

Moderation: Alexandra Mantler