Der Mann der aus der Stille kam

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Der Mann, der aus der Stille kam

Sieben Jahre hat Roman Chlada als Kartäusermönch gelebt: Im strengsten Einsiedlerorden der katholischen Kirche verbringt der Mönch die meiste Zeit allein in Schweigen, Gebet, Studium und Arbeit. Er isst sogar allein in der Zelle – außer an Sonntagen. Nur zur täglichen Messfeier und zum Chorgebet versammeln sich die Mönche in der Kirche. Miteinander geredet wird nur einmal bis zweimal in der Woche.

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Sendungshinweis

FeierAbend, Heiliger Abend, So., 24.12.2017, 19.50 Uhr, ORF 2

Der Mann, der aus der Stille kam

Nach seinem Eintritt in die Kartause Pleterje in Slowenien war es für Roman Chlada aus Kaltenleutgeben bei Wien eine große Herausforderung, die Stille in der Zelle auszuhalten, erinnert er sich: „Alles, was dort passiert, trage ich hinein, mache ich – oder es passiert nicht.“

Im ersten Moment sei das ein wahnsinniger Druck. „Es ist eine Freiheit, als hätte man keinen Körper“, sagt Chlada, „man kommt in eine Schwerelosigkeit, wo man wirklich alles machen kann, wo nichts vorgegeben ist. Aber es ist mir gelungen, diese Stille zu bewohnen.“

In einer Schauzelle der ehemaligen Kartause Mauerbach (heute ein Zentrum für Baudenkmalpflege des Bundesdenkmalamtes) zeigt Chlada, wie er sieben Jahre gewohnt hat: ein Bett, ein Tisch, ein Ofen, eine Gebetsnische, in der er viel Zeit verbracht hat. Filmaufnahmen aus dem Jahr 2000 mit Roman Chlada aus der Kartause Pleterje verdeutlichen das.

Der Mann der aus der Stille kam

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Es sei keineswegs so, dass der Kartäuser in seiner Zelle sitze und Gott „genießt“, sagt Chlada und zitiert den Kirchenvater Dionysius den Areopagiten: „Gott ist die Dunkelheit.“ Denn gerade dort, wo es am dunkelsten sei, dort sei man Gott am nächsten, sagt Chlada: „Dort, wo du am wenigsten verstehst, dort verstehst du Gott am meisten.“ Der Kartäusermönch ringe in der Stille und Einsamkeit um Gott, er suche Gott.

Nach sieben Jahren beendete Roman Chlada sein Leben als Kartäuser – noch vor den Ewigen Gelübden, mit denen sich der Kartäusermönch auf Dauer auf das Einsiedlerleben verpflichtet und sich an die Ordensgemeinschaft bindet. Er hat diese Zeit bis heute nie bereut, betont er. Er habe auch gewusst, dass er prinzipiell so leben konnte. Aber gerade dies hatte Chlada die motivierende Herausforderung für diese radikale Lebensform genommen – und die Entscheidung im letzten Jahr reifen lassen, die Kartause zu verlassen.

Nach einer Zeit, in der er in der Zinngießerei arbeitete, die sein Vater gegründet hatte und die heute von seinem Bruder Robert geführt wird, studierte Roman Chlada Alte Musik – und begann, international Konzerte auf dem Clavichord zu geben. Das besonders leise Tasteninstrument aus der frühen Neuzeit bezeichnet er als „Kartäuser unter den Instrumenten“. Denn es sei so leise, dass es nicht im Orchester, sondern nur als Solo-Instrument gespielt werden könne.

Eine seiner Konzertreisen führte Roman Chlada nach Finnland. Dort lernte er seine Frau kennen, mit der er heute zwei Töchter hat. Mit zwei kleinen Kindern ist es mit der Stille zwar vorbei, doch Chlada hat sich in seine neue Rolle längst eingelebt: „Weihnachten als das Fest der Menschwerdung Gottes ist ja auch das Fest der Familie-Werdung von Maria, Josef und dem Jesuskind“, sagt Chlada.

Dieser Aspekt habe er früher als Kartäusermönch gar nicht im Blick gehabt. „Aber das Menschwerden und dieses menschliche Zusammensein sehe ich jetzt als Familienvater natürlich schon anders. Und jetzt ist es ein Familienfest, und es soll das auch bleiben für viele Jahre.“

Ein Film von Helmut Tatzreiter
Redaktion: Barbara Krenn