Praxis – Religion und Gesellschaft 13.9.2023

Laizismus in Frankreich

Religiöse Gewänder aus Schulen verbannt | Friedenstreffen in Berlin | Wallfahrt in die Ukraine

Frankreich verbannt Abaya aus Schulen

In Frankreich hat das neue Schuljahr mit einer heftigen Debatte begonnen. Die Abaya, jenes lange, weite Gewand, das die Köperformen kaschiert und vor allem von Frauen im Nahen Osten getragen wird, darf nicht mehr an Frankreichs öffentlichen Schulen getragen werden. Verboten wird auch das Tragen des Kamis, des männlichen Gegenstücks zur Abaya. Der Bildungsminister argumentiert mit der verpflichtenden Trennung von Religion und Staat, dem Laizismus. Seit 2004 ist das Tragen offensichtlicher religiöser Symbole in den Schulen und im öffentlichen Dienst verboten. Dass die Abaya ein religiöses Kleidungsstück sei, wird von einigen muslimischen Organisationen in Frankreich in Abrede gestellt. Frankreich, das den Laizismus als Doktrin verteidigt, findet sich neuerlich dem Vorwurf ausgesetzt, Musliminnen und Muslime zu diskriminieren. – Gestaltung: Cornelia Primosch

Laicité: Das „Goldene Kalb“ der République française

Die strenge Trennung des Staates von jeder Form von Religion gilt als eines der Fundamente der französischen Republik. Nicht einmal der gläubige Katholik Charles de Gaulle hat bei der Schaffung seiner „Fünften Republik“ daran gerüttelt. Doch löst die strenge Trennung von Religion und Staat tatsächlich alle möglichen Probleme, die sich in diesem Bereich ergeben können? Markus Veinfurter zeichnet die Entwicklung der Laicité in Frankreich nach, beleuchtet die praktischen Auswirkungen und geht der Frage nach: Was unterscheidet heute noch das „laizistische“ Frankreich von einem „weltanschaulich neutralen“ Staat wie Österreich?

Sant’Egidio-Friedenstreffen in Berlin

Mit einer großen Feier vor dem Brandenburger Tor ist 12. September ein internationales Friedenstreffen zu Ende gegangen. Unter der Schirmherrschaft der römischen Gemeinschaft von Sant‘ Egidio waren nahezu 1000 Vertreter und Vertreterinnen von Religionen aus 33 Ländern in Berlin versammelt. Nicht der Friede, sondern der Krieg in der Ukraine dominierte die Gespräche. Und auch die Frage, wie in Kriegszeiten sinnstiftende und realitätsnahe Friedensarbeit geleistet werden kann. Zu den Hoffnungen des Berliner Treffens, das unter dem Motto „Den Frieden wagen“ stattgefunden hat, und zu seinen Ergebnissen eine Analyse von Andreas Pfeifer.

Israel: Chassidische Juden pilgern in die Ukraine

Einmal im Jahr wird die Kleinstadt Uman in der Zentralukraine zum Wallfahrtsort für zehntausende chassidische Juden, großteils aus Israel. Einige Frauen sind auch dabei, aber nur wenige. Sie kommen jedes Jahr hierher und begehen das jüdische Neujahrsfest – Rosch Haschana, das am Abend des 15. Septembers beginnt und das Jahr 5784 der jüdischen Zeitrechnung einläutet.

Praxis
Mittwoch, 13.9.2023, 16.05 Uhr, Ö1

Im Mittelpunkt der Pilgerfahrt nach Uman steht der chassidische Rabbi Nachman von Brazlaw, der 1810 in Uman gestorben ist und an dessen Grab die Pilger zu Jahresbeginn beten wollen. In den Jahrzehnten seit dem Fall der Sowjetunion und des Eisernen Vorhangs ist die Pilgerfahrt ins ukrainische Uman immer mehr auch zu einem Massenphänomen in Israel geworden, das zum Teil sogar Juden anzieht, die den Rest des Jahres nicht religiös leben.

Trotz Krieg, diplomatischer Spannungen zwischen Israel und der Ukraine, fehlender Flugverbindungen und einer Reisewarnung lassen sich die Pilger auch heuer nicht von ihrer Reise abbringen – rund 40 000 sollen derzeit versuchen, Uman über die Nachbarstaaten der Ukraine zu erreichen. Aus Israel berichtet Nikolaus Wildner über dieses Phänomen.

Moderation: Alexandra Mantler