Praxis – Religion und Gesellschaft, 30.3.2022

Ukraine: Frauen auf der Flucht

Menschenhändler auf der Suche nach „Ukrainian Girls“ | Geboren auf der Flucht – Hilfe für ukrainische Mütter in der Klinik Ottakring | Vatikan: Zähes Ringen im Finanzprozess um Kardinal Becciu

Menschenhändler auf der Suche nach „Ukrainian Girls“

„An der ungarischen und der rumänischen Grenze fahren Kleinbusse die Flüchtlingsrouten entlang und die Fahrer locken und belügen die Frauen, wie Zuhälter das eben machen. Sie wecken Hoffnung, die keine Hoffnung ist“, stellt Imelda Poole vom Verein „RENATE“, einem internationalen Zusammenschluss von katholischen Ordensfrauen gegen Menschenhandel und Ausbeutung, fest. Auch auf Pornoportalen steige seit Beginn des Krieges die Nachfrage nach „Ukrainian Girls“, bestätigt Schwester Maria Schlackl vom Orden der Salvatorianerinnen, die sich seit Jahren gegen Menschenhandel engagiert.

Die katholischen Ordensfrauen arbeiten eng mit der Polizei und dem Innenministerium zusammen. Brigadier Gerald Tatzgern, Leiter der Abteilung für Schlepperei und Menschenhandel im Bundeskriminalamt, bezeichnet die Situation als „dramatisch“ und versucht weibliche Geflüchtete für diese Gefahren, die auf sie lauern, zu sensibilisieren.

Noch eine andere Gruppe von ukrainischen Frauen befindet sich derzeit in einer schwierigen Zwangslage: jene Leihmütter, die für meist aus dem Ausland stammende Eltern Kinder austragen. Die Leihmütter können nun trotz Bombenhagels nicht fliehen, weil es illegal wäre, die Kinder außerhalb der Ukraine zu übergeben. Die besorgten Eltern landen derzeit meist nur beim automatischen Anrufbeantworter der Leihmutter-Agenturen. Gestaltung: Maria Harmer

  • LEFÖ
    Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen*
    Hauptbüro Kettenbrückengasse 15/II/4, Wien

Brigadier Gerald Tatzgern
BUNDESMINISTERIUM FÜR INNERES
BUNDESKRIMINALAMT
Abteilung 8 – Schlepperei, Menschenhandel und Sonderermittlungen
HOTLINE: +43-677-61343434 (24/7)
E-Mail: humantrafficking@bmi.gv.at

Geboren auf der Flucht – Hilfe für ukrainische Mütter in der Klinik Ottakring

Ksenia ist 39 Jahre alt und hochschwanger. Es ist eine Risikoschwangerschaft, doch das Krankenhaus in Kiew, in dem sie sich für die Geburt angemeldet hatte, wurde zerbombt. Die anderen Krankenhäuser waren mit Kriegsverletzten belegt. Mit ihrer 7-jährigen Tochter hatte Ksenia in einem Keller ausgeharrt, bis sie sich schließlich mit dem Mut der Verzweiflung zur Flucht nach Österreich durchgerungen hat: eine mehrtägige beschwerliche Reise mit stundenlangem Anstehen vor der Grenze liegt hinter ihr. Nun sitzt sie im Behandlungsraum der Klinik Ottakring und bereitet sich auf ihren Kaiserschnitt am nächsten Tag vor. Die Lage jener ukrainischen Frauen, die hochschwanger oder krank – etwa mitten während einer Chemotherapie – aus ihrer Heimat fliehen müssen, ist dramatisch, erklärt die selbst aus der Ukraine stammende Fachärztin Olga Tayel. Sie arbeitet an der Wiener Klinik Ottakring in der Station für Gynäkologie und Geburtshilfe, in der seit zwei Jahren Hochbetrieb herrscht, denn hier wurden und werden auch schwerpunktmäßig jene Schwangeren und Gebärenden betreut, die sich mit Corona infiziert haben. Man ist also einigermaßen krisenerprobt, bestätigt Abteilungsvorständin Barbara Maier. Sandra Schmidhofer hat für „Praxis“ die Geburtenstation der Klinik Ottakring besucht.

Vatikan: Zähes Ringen im Finanzprozess um Kardinal Becciu

Im Vatikan wird am 30. März der Prozess um die mutmaßlich missbräuchliche Verwendung von Spendengeldern des Peterspfennigs fortgesetzt. Dabei geht es unter anderem um den Kauf einer Luxusimmobilie in London. Seit dem Prozessbeginn vergangenen Juli ist die Zahl der Angeklagten erst geringer geworden und dann wieder angestiegen. Zehn Personen sind nun angeklagt, der prominenteste davon ist Kardinal Giovanni Angelo Becciu. Warum dauert es so lange, bis dieser Prozess in die Gänge kommt und ist ihm die vatikanische Justiz überhaupt gewachsen? Cornelia Vospernik hat in Rom den Kirchenrechtler Pater Laurentius Eschlböck dazu befragt.

Moderation: Alexandra Mantler