Kardinal Bertone: Der Ambitionierte

Tarcisio Bertone (78) tritt in diesen Wochen als Leiter der „Camera Apostolica“ (Apostolische Kammer) ins Rampenlicht. Wie bereits 2005 gilt er auch jetzt als „papabile“.

Bertone war Benedikts XVI. „Regierungschef“ und ist im Vatikan nicht unumstritten. Er war als Kardinalstaatssekretär so etwas wie die rechte Hand des Papstes. Bertone gilt als volksnah und aufgeschlossen. Er ist seit 2007 auch Camerlengo (Kardinalkämmerer).

Die aussichtsreichsten Kandidaten

religion.ORF.at stellt von 6. bis 11. März in loser Reihenfolge die aussichtsreichsten Kandidaten für die Nachfolge von Papst Benedikt XVI. vor.

Der am 2. Dezember 1934 geborene Bertone wuchs mit sieben Brüdern auf und trat bereits im Alter von 16 Jahren in den Orden der Salesianer Don Boscos ein. Nach seiner Priesterweihe 1960 promovierte er in Kirchenrecht und lehrte anschließend mehrere Jahre an der Päpstlichen Salesianer-Universität sowie an der Lateran-Universität.

Papst-Kandidat Peter Turkson

REUTERS/Alessandro Bianchi

Tarcisio Pietro Evasio Kardinal Bertone

Er gehörte zu den Revisoren des 1983 erschienenen neuen Kirchenrechts. 1991 ernannte ihn Johannes Paul II. zum Erzbischof der kleinen piemontesischen Erzdiözese Vercelli, doch schon vier Jahre später wechselte er zur Glaubenskongregation nach Rom. Dort war er Sekretär des Präfekten Kardinal Joseph Ratzinger, im Dezember 2002 wurde Bertone Erzbischof von Genua, seit 2003 ist er Kardinal.

Vielseitiger Interviewpartner

Als Erzbischof von Genua war er gefragter und bereitwilliger Interviewpartner, der sich prononciert zu einem breiten Spektrum von Themen äußerte: vom Streit um die Mohammed-Karikaturen bis zum „Da-Vinci-Code“, von Einwanderungsfragen bis zur Bioethik. Besondere Sympathie erwarb er sich bei den Italienern mit seiner Fußball-Leidenschaft: Wiederholt war der Salesianer im Fernsehen als sachkundiger Ko-Kommentator bei Erstliga-Spielen zu sehen.

Neben der Vertretung des Papstes bei verschiedenen Auslandsmissionen übernahm Bertone auch eine immer stärkere Rolle als kirchlicher Ansprechpartner in der italienischen Politik. Mitarbeiter schildern Bertone dabei als aufgeschlossen und umgänglich, aber auch als entschieden. Er gilt als jemand, der nicht immer ein Blatt vor den Mund nimmt.

Kritisiert wurde Bertone vor allem für seine Äußerungen, Pädophilie und Homosexualität hingen zusammen. Auch die Vertuschung der Missbrauchsfälle in der römisch-katholischen Kirche wird ihm vorgeworfen. Seine Versuche, die Vatikan-Bank IOR aus der Gerüchteküche um Geldwäsche und Korruption zu manövrieren, scheiterten. Schließlich attestierte man ihm in der „Vatileaks“-Affäre mangelndes Krisenmanagement. Benedikt XVI. stand stets hinter ihm.

religion.ORF.at/KAP

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