Akt als Kunstfigur

Lucas Cranach war ein in höchstem Ansehen stehender liberaler Bürger, Anhänger des Humanismus, engster Vertrauter Martin Luthers und engagierter Verfechter dessen Botschaft der Gnade und Erlösung.

Gedanken für den Tag 27.1.2017 zum Nachhören:

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Er schuf Porträts von Personen aller Stände, von Kaisern, Adeligen und Geistlichen jedweder Provenienz, von Professoren, Bürgern, Bauern und Kindern; er malte Altarbilder, Kreuzigungen, Kriegerisches, Heilige und Martyrien, Mythologisches und Alltägliches; Skurilles und Schlichtes; sein Lieblingsmotiv war die Madonna mit dem Kind, die er in vielen Varianten über 150 mal gemalt hatte. Aber allen diesen Themen fügte Cranach noch eines hinzu, das seit der Antike als total tabu galt: Die Darstellung nackter Menschen als Symbol des Lebens und der Freiheit!

Rainer Hauer
ist Schauspieler, Regisseur und langjähriger Direktor des Grazer Schauspielhauses in Ruhe

Gegen Ende des 15. Jahrhunderts verhielt man sich da in Italien schon etwas freizügig und auf deutschem Boden hat auch schon Albrecht Dürer eine gewisse Vorreiterrolle gespielt. Und ab 1509 gibt es auch bei Cranach Nacktes zu sehen, seien es Darstellungen der Venus oder des ersten Menschenpaares Adam und Eva oder anderer mythologischer und sonstiger Situationen. Dabei fällt auf, dass Cranach seine nackten Frauen vorwiegend nur in ein- und derselben Schablone zeigt, als eine Art Kindfrau, auch noch gotisch eine kleine Spur in die Länge gezogen, als klare „Kunst“(!)-Figur, wovon Picasso so begeistert war: Weil Cranach die „Idee“ über die „Natur“ gestellt habe!

Cranach muss eine charismatische und großen Kooperationsgeist ausstrahlende Persönlichkeit gewesen sein, die trotz ihres eindeutigen Bekenntnisses zu Luther selbst von den höchsten Vertretern der katholischen Seite eine auffallende Wertschätzung genossen haben muss, sowohl von Kaiser Karl V. selbst, als auch vom Kurfürsten von Mainz, der ja wegen seines Ablassmissbrauchs von Luther mit seinen 95 Thesen und von Cranach in dessen Flugschrift scharf angegriffen worden war. Das hatte aber den Kurfürsten von Mainz nicht gehindert, sich von Cranach und dessen Werkstatt im Dom seiner Residenzstadt Halle innerhalb von fünf Jahren für 16 Altäre 142 Altarbilder malen zu lassen, was als der bis dahin größte Kirchengemäldeauftrag gilt, der jemals vergeben worden war.

Hörbuch-Hinweis:

„Cranach-Luther-Goethe“, Hörspiel von Rainer Hauer, mit reichlichem Cranach-Bildmaterial. Zu erhalten über: Theater im Gewölbe, Lucas-Cranach-Haus, Markt 11/12, D-99423 Weimar, Tel: +49/3643/777377, e-mail: kontakt@theater-im-gewoelbe.de

Musik:

Capella de la Torre unter der Leitung von Katharina Bäuml: „Gelobet seist du Jesu Christ“
Label: dhm 88875010742