„Enge Räume, weite Gedanken“

16. Dezember 1775, Südengland. Jane wird als siebtes Kind der Austens geboren. Der Vater ist Pfarrer und in der Familie wird viel gelesen, Theater gespielt und abends liest man einander vor. Schon als 15-Jährige schreibt Jane bissige und satirische Texte, Jahre später wird sie Weltliteratur verfassen, die bis heute unterhält und staunen lässt.

Gedanken für den Tag 18.7.2017 zum Nachhören:

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Während damals Lesen für Frauen als anstößig galt und vor Romanlektüre sogar gewarnt wurde, dreht Jane Austen mit ihrem Leben und in ihren anonym geschriebenen Werken die Argumentation um. Im Gegenteil, behauptet sie, Lektüre steht für Vernunft, und damit auch für Aufklärung. Während andere unter gebildeten Mädchen jene verstanden, die Bilder malen, Wandschirme besticken und Börsen häkeln können, setzt sie auf gebildeten Verstand, „erworben durch große Belesenheit“.

Brigitte Schwens-Harrant
ist katholische Theologin, Germanistin und Feuilletonchefin der Wochenzeitung „Die Furche“

Aufmerksamer Blick

Wer behauptet „ich lese nie Romane“, entlarvt sich bei Jane Austen sofort als Dummkopf. Nicht selten werden Männer und Frauen in ihren Werken derart als ungebildet bloßgestellt, unabhängig von Stand und Titel. Mit Menschen, die keine Bücher lesen – worüber könnte man sich mit denen unterhalten? Seichte Konversationen auf Bällen und bei Abendgesellschaften nimmt Austen satirisch aufs Korn.

Lesen weitete den Horizont jener Frau, die kaum den Ort verließ, an dem sie wohnte. Sie musste nicht viel reisen und konnte dennoch über den Tellerrand blicken, sie sah – im Unterschied zu anderen, die womöglich sogar reisten –, dass es diesen Tellerrand gab und was sie von anderen trennte, zum Beispiel Regeln und Rollenzuschreibungen. Es ist dieser aufmerksame Blick, der auch unseren Blick heute schulen kann.

Türen in eine weite Welt aufstoßen

„Enge Räume, weite Gedanken“ sagte die Literatur-Expertin Elke Schmitter einmal dazu und dieser Ausdruck trifft Jane Austens Romane genau. Sie plädieren fürs Lesen und zeigen erzählend das Vermögen von Literatur, die Türen in eine weite Welt aufzustoßen, selbst wenn man in einer sehr kleinen Welt wohnt.

Musik:

Filmorchester, L: Robert Ziegler: „Devonshire“ aus: SENSE AND SENSIBILITY <SINN UND SINNLICHKEIT> - Original Soundtrack von Patrick Doyle, B: Lawrence Ashmore
Label: SONY Classical SK 62258