Mein Israel

Wie man ein Land erlebt, das hängt im Wesentlichen von einem selbst ab. Was bringt man mit an Vorstellungen, Erwartungen, Klischees, Wissen, Ängsten, Emotionen? Was verbindet man mit dem Namen eines Landes, was bringt er zum Klingen?

Gedanken für den Tag 5.2.2018 zum Nachhören:

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„Wir fahren nach Israel“. Allein dieser Satz, scheinbar beiläufig ausgesprochen, kann bereits ein Testfall sein. Wie kommt er an beim Gegenüber? Welche Miene, welche Reaktionen löst er aus? Immer wieder erlebe ich es, wenn ich irgendwo, beim Friseur vielleicht, diesen Satz fallen lasse. „Haben Sie denn gar keine Angst?“, kommt da oft fast reflexhaft. Oder es folgt ein eher distanziertes „Interessant!“, manchmal, besonders bei Jüngeren „Da will ich auch einmal hin!“ und dann freue ich mich. Warum muss ich mich eigentlich freuen, wenn jemand gern nach Israel möchte?

Anita Pollak
ist Journalistin

Nächstes Jahr in Jerusalem

Ja, weil es auch „mein Israel“ ist, das Land, zu dem ich eine ganz besondere Beziehung habe, das Land, das ich meist einmal jährlich besuche, in dem viele mir liebe Menschen wohnen, ein Land, in dem ich mich wohl fühle, ein Land, um das ich mich sorge.

„Wir besuchen Israel“. „Und was macht Ihr am Nachmittag?“ Das war ein beliebter Witz in meiner Jugend. Israel war so klein, dass man seinen Namen auf den meisten Karten gar nicht ausschreiben konnte. Mittlerweile hat es fast genauso viele Einwohner wie Österreich, seine Grenzen haben sich seit dem Sechstage-Krieg 1967 erweitert, allerdings um einige Gebiete, die man als Tourist kaum aufsuchen wird. Aber das ist eine andere Geschichte.

Auf dem Schiff näherte ich mich als junges Mädchen das erste Mal dem „Gelobten Land“. „Nächstes Jahr in Jerusalem“, mit dieser Hoffnung beschlossen wir alljährlich den Seder, den ersten Abend des Pessach-Festes. Und nun, nach einer mehrtägigen, keineswegs komfortablen Seereise, standen wir also aufgeregt an Bord, meine Eltern und meine Geschwister, und erblickten die Küste jenes Landes, mit dem uns eine uralte Sehnsucht verband.

Buchhinweis:

Ben & Daniela Segenreich, „Fast ganz normal. Unser Leben in Israel“, Verlag Amalthea 2018

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Musik:

Dieter Klöcker/Klarinette und Vlach Quartett Prag: „Andante con anima - 2. Satz“ aus: „Esquisses hébraïques op. 12 - für Klarinette und Streichquartett“ von Alexander Krein
Label: cpo 9996302 (2 CD)