Das Tempo der Trauer

Lassen Sie sich von der sizilianischen Trauermusik in der Morgendämmerung nicht anstecken. Bei jedem Begräbnis geht es schließlich um Auferstehung und genau das ist das Thema.

Gedanken für den Tag 3.7.2018 zum Nachhören:

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Am Abend, in der Nacht, um welche Uhrzeit auch immer, haben Sie sich selbst in Ihrem Bett begraben, allerdings in der Hoffnung, wieder aufzuwachen und diese Hoffnung ist in Erfüllung gegangen. Was wollen Sie mehr? Wollen Sie mehr?

Herbert Maurer
ist Schriftsteller und Übersetzer

Zwischen Palermo und Wien

Außerdem, unter uns gesagt: Das Tempo der sizilianischen Blasmusiker, die Sie soeben gehört haben, täuscht gewaltig. Kaum ist das Leben des Signore Alessandro Gianfranco Cosimo Arnolfini, das immer langsamer geworden ist, um dann zum Stillstand zu kommen – wie der Motor seines Herzens - unter der Erde, werden die Vespas angeworfen, heult der Motor des gestohlenen Lamborghini auf – und das Leben hat uns wieder. Haben Sie das Leben schon wieder?

Apropos: Nicht jedes Tempo ist gesund. Das haben schon viele sizilianische Blasmusiker am eigenen – viel zu sehr beschleunigten – Leib erfahren müssen, und das sollten auch wir uns zu Herzen nehmen. Unser Herzrhythmus gibt uns ein gewisses Tempo vor, Manipulationen an diesem Herzmotor, betrieben mit Blutbenzin, sollten sorgsam vorgenommen werden. Wer einmal seine Vespa, vor oder nach dem Begräbnis, frisiert, der kann ein Lied davon singen – sollten wir das Herz mit einem Schuss Mocca frisieren? Das bleibt Ihnen überlassen, finden Sie ihr Tempo zwischen Palermo und Wien und denken Sie daran, mit welcher Geschwindigkeit Sie auch morgen auferstehen könnten. Auch eine Auferstehung lässt sich überleben.

Musik:

Domenico Squillaci/Mandoline, Stefano Velardi/Violine und Stefano Celona/Gitarre: „Contraddanza ‚Saliciota‘“ bearbeitet von Mario Sarica und Giuliana Fugazzotto
Label: Ethnica TA 016