Aufrichtigkeit

Gestern behauptete ich: „Was sind Worte? Herz ist alles!“ Könnte es sein, dass diese kleine Behauptung einer alten Schauspielerin doch einigen Unzuständigen Zuständigen sauer aufgestoßen ist? Ist denn Aufrichtigkeit des Einzelnen nicht mehr „in“? Darf man aufrichtige Gefühle nicht mehr mit Herz in Worte fassen? Nicht mehr laut aussprechen?

Gedanken für den Tag 28.8.2018 zum Nachhören:

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Muss man denn wirklich dem unglaubwürdigen Wortgeklingel der Politiker folgen oder Glauben schenken? Das ist gefährlich, denn auch jedes falsche Wort hinterlässt eine Spur! Aber sogar als unfromme Person habe ich einen wunderbaren Verbündeten: den Papst. Dieser unbeirrbar Aufrichtige sagt – tut – betet – ja betet - er betet um Dinge, die den Unzuständigen Zuständigen mehr als sauer aufstoßen.

Topsy Küppers
ist Schauspielerin und Autorin

Das Wörtchen „zu“

Aber lesen Sie doch selbst. Oder sehen Sie bei TV-Dokumentationen in die Gesichter derer, die ihm zuhören. Schmale Lippen, kalte Augen, falsches zustimmendes Nicken, verkrampftes Lächeln. Und der Unbeirrbare? Ihn kümmert das alles nicht. Er umarmt ansteckend Kranke, küsst kleine schmuddelige Kinder und reicht sogar Frauen freundlich die Hand.

Ja, auch zu Unzuständig Zuständigen spricht er verständnisvoll, ja sogar warnend, denn er weiß: Nichts ist so widerstandsfähig wie ein Vorurteil. Niemand ist frei von Vorurteilen. Meine Großmutter, die gescheiteste Frau der Familie, sagte immer: „Hüte Dich vor dem Wörtchen ‚zu‘“. Zu fleißig, zu faul, zu heiß, zu kalt, zu klug, zu dumm, zu schön, und so weiter… Ich fragte sie: „Gehört dazu auch das – zu ehrlich?“ Sie schwieg. „Omi, Du schweigst?“ Sie nickte nur, und ich verstand. Wenn man jemanden mit Ehrlichkeit verletzen könnte, dann hält man besser den Mund.

Musik:

„Peinlich“ von Roger Stein
Label: Sturm & Klang office@roger-stein.com LC 16132