Des einen Freud...

Kürzlich habe ich folgenden Spruch gelesen: „Wenn Dein Glück bei anderen die Ursache für Leiden bedeutet, dann ist es dringend an der Zeit, das zu ändern, was für dich Glück bedeutet!“

Gedanken für den Tag 5.10.2018 zum Nachhören:

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Ich halte das für einen sehr weisen Spruch und ich könnte mir vorstellen, dass allein dieser Spruch genügt, um eine umfassende und ausreichende Ethik zu begründen. Genauer darüber nachzudenken, wie dieser Spruch im täglichen Leben umsetzbar wäre zeigt, wie vielfältig und so gar nicht einfach das ist.

Gerhard Weißgrab
ist Präsident der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft

Erkenne dich selbst

Hier ist nämlich ständige Achtsamkeit und ein offenes Wahrnehmen nötig. Wie sonst soll ich erkennen, was meine erfüllten Wünsche und Bedürfnisse in Wahrheit für die anderen bedeuten? Es geht stark um das Wahrnehmen und Mitfühlen mit anderen. Und ich sage jetzt etwas, das vielleicht sehr überraschen wird: Ganz zu Beginn geht es nämlich einmal nur um mich selbst – um mein Ego. Was überhaupt bedeutet Glück für mich? Und ist das, was ich jetzt so spontan als mein Glück bezeichnen würde, wirklich Glück für mich?

Diese Dinge genau anzuschauen, zu untersuchen und zu erkennen ist eine Grundvoraussetzung, um überhaupt das Glück und das Leid von anderen sehen und verstehen zu können. Wenn ich es bei mir selbst nicht erkennen kann, wie sollte ich es dann bei anderen erkennen können?

Die Aufforderung „Erkenne dich selbst“ begegnet uns öfter in der Weltgeschichte – nicht zuletzt in der buddhistischen Lehre. Manche verstehen diese wichtige Grundlage der Selbsteinsicht falsch und verwechseln sie mit Egoismus und Gleichgültigkeit anderen gegenüber. Genau das Gegenteil ist der Fall, erst die Selbsterkenntnis ermöglicht wirkliches Mitgefühl und Hinwendung. Die Selbsterkenntnis ermöglicht es, auch die anderen in ihrem Glück und Leid zu erkennen. Sie öffnet das Tor zu wahrem Mitgefühl und zwar: für mich selbst und zugleich für alle anderen. Tier – Mensch – Gesellschaft – Umwelt, kein entweder/oder mehr, sondern immer ein sowohl/als auch!

Musik:

Catherine Bott und Ambrosian Singers: „Acceptance/End credits“ aus: LITTLE BUDDHA / Original Filmmusik von Ryuichi Sakamoto
Label: Milan 74321180312