Gott ist Mensch und Mann geworden

Einen Tag vor Heiligabend des Jahres 1959 war der reformierte Theologe Karl Barth auf dem Titelblatt des deutschen „Spiegel“ zu sehen. Im Blattinneren wurde man unter anderem darüber informiert, dass Barths monumentale „Kirchliche Dogmatik“ nicht nur diffizile theologische Fragen behandeln würde, sondern auch ethische Probleme der Sexualität und der Tiertötung.

Gedanken für den Tag 15.12.2018 zum Nachhören:

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Beginnen wir mit letzterem. Barth erkannte einerseits, dass der Mensch mit der Tötung von Tieren etwas tut, das, wie er formulierte, „der Menschentötung mindestens sehr ähnlich ist.“ Andererseits ist der Mensch laut Barth durch das geoffenbarte Wort Gottes ermächtigt, Tieren das Leben zu nehmen. Der Mensch stehe auch deshalb über den anderen Geschöpfen, weil Gott in Jesus Christus nicht Tier geworden sei, sondern Mensch.

Kurt Remele
ist Professor für Sozialethik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Graz

Letztes Geleit der Luftwaffe

In Jesus Christus ist Gott nicht Frau geworden, sondern Mann: Auch dieser fatale Satz, so erlaube ich mir leicht sarkastisch anzumerken, war Barth nicht ganz fremd. Mehr als dreieinhalb Jahrzehnte lang lebte er mit seiner Frau Nelly und seiner Sekretärin und Geliebten Charlotte von Kirschbaum zu dritt in einem Haus. Vor allem Nelly litt massiv unter dieser ihr von Karl aufgezwungenen Dreierbeziehung, die die Kinder der Barths in der Rückschau als für alle „unzumutbar“ bezeichneten.

Intime Beziehungsprobleme hätte der Trappist Thomas Merton eigentlich keine haben sollen. Doch im April 1966 verliebte sich der einundfünfzigjährige Star-Mönch während eines Spitalsaufenthaltes in eine sich in Ausbildung befindliche Krankenschwester namens Margie Smith, die nicht einmal halb so alt war wie er. Die ungleiche, doch intensive Liebesbeziehung zwischen Smith und Merton dauerte ein knappes Jahr.

Eineinhalb Jahre später war Merton tot. Er starb am 10. Dezember 1968, am selben Tag wie Barth. Mertons Leichnam wurde mit einem Jet der amerikanischen Luftwaffe in die USA zurückgeflogen. Und das, obwohl er wie auch Karl Barth sein Leben lang ein erklärter Kritiker von Krieg, Rüstung und Militär war.

Musik:

Orpheus Chamber Orchestra: „Allegretto - 4. Satz“ aus: Divertimento in D-Dur für Flöte, Oboe, Fagott, 4 Hörner, Streicher KV 131 von Wolfgang Amadeus Mozart
Label: DG 4191922