Notizbücher

Jus oder Politikwissenschaft? Wirtschaft oder Kultur? Geschichte oder Umweltschutz? Immer wieder gehe ich in letzter Zeit mit meiner vielseitig interessierten Tochter, die nächstes Jahr maturiert, die Möglichkeiten von Studienrichtungen und Berufsfeldern durch.

Gedanken für den Tag 3.5.2019 zum Nachhören:

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Dabei fällt mir auf, wie schwer es für einen engagierten jungen Menschen ist, sich mit dem spezialisierten Studiensystem hierzulande abzufinden. Denn das heißt, Abschied zu nehmen von all den anderen Fachgebieten, die einen ebenso fesseln würden. Umgekehrt wird gerade im heutigen Berufsleben einer multikulturellen und globalisierten Welt vernetzendes Denken und ein Über-den-Teller-Rand-Blicken immer notwendiger.

Johanna Schwanberg
ist Direktorin des Dom Museum Wien

Haarfärbemittel

Einer, dessen Leben und Wirken auf unvergleichliche Weise zeigt, wie die unterschiedlichsten Tätigkeitsbereiche einander oft inspirieren können, ist Leonardo da Vinci. In seinen tausende Blätter umfassenden Notizbüchern finden sich Texte und Skizzen zu den diversesten Disziplinen. Leonardo stellte Beobachtungen und Überlegungen zu fast allen Phänomenen des Lebens an. Ihn interessierte das Fliegen, das Wasser, die Anatomie, die Mechanik, die Kunst, die Optik, die Geologie oder die Städteplanung. Dabei fragte er sich, warum der Himmel blau oder der Fisch im Wasser schneller als der Vogel in der Luft ist? Leonardo beließ es nicht bei Gedankenspielen, sondern erfand zeichnerisch unzählige Objekte: Fluggeräte, selbstfahrende Wägen, einen Taucheranzug oder eine hydraulische Säge.

Besonders spannend sind jene Blätter, auf denen Leonardo hochgeistige wie alltägliche Themen nebeneinander behandelt: Auf einen Blick wird sichtbar, dass im Leben im Grunde alles mit allem zusammenhängt. So befinden sich auf einem Notizbuchblatt aus dem Jahr 1490 die Studie eines alten Mannes, die Skizze eines kahlen Astes, eine geometrische Zeichnung, eine Berglandschaft, eine Wolkenstudie und der Glockenturm einer Kirche. Besonders amüsant sind die spiegelschriftlich am linken Rand notierten Textzeilen in Form eines Rezepts für ein Haarfärbemittel. So steht da geschrieben: „Um Haar gelbbraun zu färben, nimm Nüsse, koche sie in Lauge und tauch den Kamm hinein. Dann kämme das Haar und lasse es in der Sonne trocknen.“

Musik:

Sirinu: „Nam edunt de micis“ - für drei Blockflöten
Label: Hyperion CDA 66814