Versöhnt und begleitet

Unterwegs zwischen Israel und Österreich: Rosch ha-Schana - Eine Liebeserklärung an die Menschheit.

Gedanken für den Tag 7.10.2019 zum Nachhören (bis 6.10.2020):

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Wenn die Granatapfelbäume und Dattelpalmen in Israel reife Früchte tragen, dann ist Rosch ha-Schana, der Beginn des neuen Jahres. In den kommenden Herbstfeiertagen liegen Besinnung, Erkenntnis, Kraft und Erneuerung, für jeden und jede spürbar in Israel und in den jüdischen Gemeinden weltweit.

Im Dialog mit uns selbst

Der sechste Tag der Schöpfung, der Tag, an dem der Mensch erschaffen wurde, gilt nach der Überlieferung als der Anfang der Welt. G’ttes Werk war vollendet. Und zu Rosch ha-Schana erinnern sich Jüdinnen und Juden an den Beginn allen Seins.

Dina Baranes
ist Kulturanthropologin und Kommunikationsmanagerin

Wenn ich in diesen Tagen den Ton des Schofars, des Widderhorns, vernehme, der laut und eindringlich den Raum der Synagoge erfüllt, dann erinnere ich mich an eine wunderbare chassidische Geschichte: Der verlorene Sohn, der nicht mehr wusste, wer er ist, dessen Sprache man nicht mehr verstand, er wurde am Klang seines Klagens von seinem Vater erkannt, es ist der Beweis einer unermesslich großen Liebe. Vater und Sohn stehen gleichsam für Ha Schem (also für G’tt) und die gesamte Menschheit.

Der Ton des Schofars versinnbildlicht das Klagen des Sohnes und das Erkennen des Tons durch den Vater. Eine Woche vor Rosch ha-Schana (nach dem sefardischen Ritus sind es 40 Tage vor Jom Kippur) beginnen Jüdinnen und Juden die Selichot zu beten, die Gebete um Vergebung, und man betet sie bis Jom Kippur. Im Morgengrauen, vor dem Morgeng’ttesdienst, sind die Betenden – anachnu im azmeinu – sind wir einzig und allein im Dialog mit uns selbst.

Es sind diese Momente der Dämmerung, die magisch, ja sogar mystisch sind; die Et Razon, eine Zeit, zu welcher G’tt besonders empfänglich ist für Bitten und Gebete, wie es heißt. Aus dieser Besinnung entstehen neue Kräfte, neu definierte Ziele, Mut und Freude am Leben. Denn wir wissen, wir werden nicht gerichtet, sondern vom Vater liebevoll begleitet.

Musik:

Brave Old World: „Reb Itzik’s nign“ von Alan Bern
Label: EMI Classics 5555552