Scheinwelt

Zum 50. Todestag von Mark Rothko: Die Kunst von Mark Rothko ist eine Suche nach befreiender Wirklichkeit.

Gedanken für den Tag 26.2.2020 zum Nachhören (bis 25.2.2021):

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Vielfach setzen sich heute die Starken rücksichtslos gegen die Schwachen durch. Es werden Glaubenswahrheiten und Überzeugungen aufgestellt, die unbedingt zu gelten haben. Wehe dem, der sich nicht unterwirft. Er wird dem Feuer übergeben. Im Internet lodern die Scheiterhaufen. Unsere Gesellschaft bewegt sich in einer Scheinwelt, die ihr von gerade Herrschenden aufgezwungen wird.

Gustav Schörghofer
ist Jesuit und Künstlerseelsorger

Die Welt ist neu zu entdecken

War es früher besser? Nein, es war nicht besser. Auch vor 400 Jahren haben sich die Menschen in einer Scheinwelt bewegt. Wehe dem, der nicht die herrschenden Glaubensvorstellungen teilte. Wehe dem, der es wie ein Friedrich Spee wagte, gegen den herrschenden Hexenwahn anzugehen. Dabei war doch alles christlich durchtränkt, eine vom Christentum geprägte Kultur. Doch die Haltung der christlichen Seefahrer und Eroberer hat sich kaum von der Haltung der Vertreter einer neoliberalen kapitalistischen Wirtschaftsordnung unterschieden. Es ging damals und es geht heute um den persönlichen Vorteil, um Reichtum für wenige und Ausbeutung vieler. Hat sich nichts geändert?

Scheinbar ist alles beim Alten geblieben. Doch der Schein trügt. Denn es ist etwas anders geworden. Wir können heute die Täuschung überwinden und die Wirklichkeit entdecken. Die Wirklichkeit, das heißt: den konkreten Menschen, das konkrete Lebewesen, die tatsächlichen Dinge. In einer Zeit, in der ein die ganze Welt umfangendes Netz künstlicher Wirklichkeit immer mehr von der Aufmerksamkeit Besitz zu ergreifen scheint, kann ich mich dem mir konkret Begegnenden zuwenden. Das ist eine Entscheidung eines und einer jeden Einzelnen. Die Welt ist neu zu entdecken. Was gibt es zu entdecken? Eine neue Schönheit, die mir in den Lebewesen und Dingen aufleuchtet, neue Möglichkeiten, die mir von anderen Menschen eröffnet werden. Alles das begegnet mir dort, wo ich nicht mich, sondern den Anderen suche. Auf dieser Suche ist die Kunst von Mark Rothko eine große Hilfe.

Musik:

Marie Claire Alain/Orgel: „Allegro - 3. Satz“ aus: Sonate für Orgel Nr. 2 in c-moll BWV 526 von Johann Sebastian Bach
Label: ERATO 2292452342