Fantasielosigkeit des Kapitalismus

Was hat das Christentum der kapitalistischen „gewinnorientierten Verwaltung der Welt“ entgegenzusetzen? Vor allem eines: die Kritik von deren Gnaden- und Fantasielosigkeit!

Gedanken für den Tag 30.4.2020 zum Nachhören (bis 29.4.2021):

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Ethisch käme es dann darauf an Selbstlosigkeit statt selbstbezüglicher Gewinnorientierung zu favorisieren, Selbstlosigkeit des Einzelnen wie Selbstlosigkeit der religiösen Gemeinschaft selbst.

Allmacht des Hier und Jetzt

Im Lebensstil käme es darauf an, der hinter der glitzernden Fassade des Kapitalismus nur zu leicht erkennbaren kalten Verwaltungs- und Kalkülmentalität Spiel, Leichtigkeit und absichtslose Kreativität entgegenzusetzen. Denn die „fröhliche Revolution der Zärtlichkeit löst den kompakten Monolith der Macht auf“ wie es die Theologin und Philosophin Isabella Guanzini so schön formuliert.

Rainer Bucher
ist katholischer Theologe an der Karl-Franzens-Universität in Graz

Politisch käme es darauf an, das Christentum in seiner subversiven Grundstruktur zu realisieren, denn in ihm werden die Niedrigen erhöht und die Hohen vom Thron gestoßen. Es käme darauf an, die sozial-ethischen Optionen für Gerechtigkeit und Menschenwürde und unmittelbare Hilfe für alle, die sie benötigen, auf allen Ebenen entschieden zu realisieren.

Religiös aber käme es darauf an, statt nur „die Welt“ anzubieten, von einem geheimnisreichen „Mehr als die Welt“ zu wissen, ein zwar Gott vorbehaltenes, von ihm aber eröffnetes Mehr, das die Welt relativiert, und ihr ihre schreckliche Alternativlosigkeit nimmt.

Das Christentum ist grundsätzlich nicht einverstanden mit dem bloß Gegenwärtigen, mit der Allmacht des Hier und Jetzt. In seiner Geschichte war das Christentum – vor allem, wenn es an der Macht war – oft selbst gnadenlos und ein Gegner der Fantasie. Es ist nur gut, wenn es machtloser wird. Das bietet die Chance zu entdecken, welche Welten sich eröffnen, wenn man der kapitalistischen Welt nicht verfällt, und etwas so locker wird und kreativ, wie es guter Jazz ist…

Musik:

John Coltrane, Duke Ellington, Aaron Bell und Elvin Jones: „In a sentimental mood“ von Duke Ellington
Label: Verve / Impulse Records 5493612