Schulschluss

Irgendwie bin ich trotz allem froh, dass die Schule wieder begonnen hat. Klar, wir wollten es allen zeigen. Macht kaputt, was euch kaputt macht und so. Homeschooling in Bobostan. Jeden Tag nehmen wir ein anderes Land durch.

Gedanken für den Tag 22.6.2020 zum Nachhören (bis 21.6.2021):

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Am Montag steht Frankreich am Programm. Wir gehen mit den Kindern durch die Wohnung. Lernen am Feld. Von Süden nach Norden. Wir backen Croissants zum Frühstück und hören Jaques Brel und Edit Piaf. Nach der Mittagspause gibt es ein feministisches Quiz und am Nachmittag noch Fakten zur Französischen Revolution und den Folgen der Aufklärung und abends schauen wir noch den Film „Zidane, ein Porträt im 21. Jahrhundert“. Und diskutieren danach, warum Migranten oft die besseren Fußballer sind, man dabei aber aufpassen muss, nicht in kolonialistisches Denken zu verfallen.

So sah zumindest die Theorie für unser Homeschooling aus. Aber Kinder sind keine kleinen Studierenden, die sich selbst alles beibringen können. Sie können ganz viel selbst erforschen, aber nicht das, was der Lehrplan vorsieht. Und es bringt auch nichts, ihnen schöne Arbeitsblätter und viele Apps zu geben, denn wenn sie alleine arbeiten, sind sie damit zwar beschäftigt, mehr aber auch nicht. Sie arbeiten extrem viel am Computer, oft mit Belohnungssystem, virtuellen Münzen, die dann für Autorennen oder Weitspringen eingesetzt werden dürfen.

Manuel Rubey
ist Schauspieler und Kabarettist

Wenn die besten Geschichten bereits verbraten sind

Das bringt das innerfamiliäre Gleichgewicht etwas durcheinander. Gilt die 15 Minuten am Ipad-Spielen-Regel auch für den virtuellen Gameroom? Bis jetzt fand ich das belohnungsfreie Lernen schon ganz gut! „Kind 1, kannst du bitte den Teller raustragen?“ – „Was krieg ich dafür?“Außerdem stößt man mit der ich-kann-meinem-Kind-alles-lustvoller-und-spielerischer-beibringen-Attitüde bald an seine Grenzen.

Mitte der zweiten Woche merkt man, so ganz ohne Zusatzlektüre geht es doch nicht und die besten Geschichten hat man auch schon verbraten. Wenn man sich auch selbst noch im Home-Office befindet und es gerade erst geschafft hat, einen halben Gedanken zu Papier zu bringen und dabei schon wieder unterbrochen wird. „Das Internet geht nicht.“, „Wie ist dein Passwort?“ oder ein Highlight: „Was ist ein Summand?“ Irgendwie war ich schon froh, dass die Schule wieder begonnen hat.

Musik:

Maître Gims: „Est-ce que tu m’aimes? (Pilule Bleue)“ von Maître Gims und Renaud Rebillaud
Label: Universal 5368817 (2 CD)