Glaube als Überwindung der Religion

Manchmal findet man etwas, ohne es zu suchen. So bin ich auch zufällig darauf gestoßen, dass morgen der Welttag der Religionen ist. Naja, es gibt ja auch einen Jogginghosentag. Oder einen Welt-Knuddeltag. Warum nicht auch einen Welttag der Religionen!

Gedanken für den Tag 19.1.2019 zum Nachhören:

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Dr. Google weiß, dass der Welttag der Religionen durch die Nationale Geistliche Versammlung der Bahai der USA im Jahr 1950 ins Leben gerufen wurde. Es ist nicht bekannt, dass dieser Tag von den christlichen Kirchen gefeiert oder auch nur wahrgenommen würde.

Franz Josef Weißenböck
ist katholischer Theologe und Autor

Im Zentrum steht der Mensch

Aber vielleicht hat das seinen Grund darin, dass der Glaube der Christen, strenggenommen, gar keine Religion ist – sondern eben ein Glaube? Aber halt: Von seiner historischen Form her ist das Christentum ohne Zweifel eine Religion. Sie hat sich aus der jüdischen heraus entwickelt, mit wachsender Differenzierung, sie hat viele religiöse Praktiken und Form der alten römischen Staatsreligion übernommen, sie hat Jahrhunderte mit ihren Gebräuchen, Riten und Hierarchien geprägt.

Aber die Frage ist, ob das die Absicht der frühen Jahre und der ersten Proponenten der neuen Bewegung war. Sich ganz Gott hinzugeben, ihm jedes Vertrauen zu schenken, bis in den Tod, sich ganz einlassen auf den Weg, den jener arme Wanderrabbi aus Nazaret vorgezeichnet hat, in Hingabe an Gott und an die Menschen – das ist eine Bewegung, ein Weg, ein way of life. Weder heilige Orte noch heilige Zeiten, weder Opfer noch Gebetsformel stehen im Mittelpunkt des Glaubens. Im Zentrum steht der Mensch mit seiner unverlierbaren Würde.

Hier noch ein Zitat: „Gott wird für den Sterblichen, wenn er einem Sterblichen hilft.“ Das steht allerdings nicht in der Bibel, sondern bei Plinius: Deus est mortali iuvare mortalem.

Musik:

„Into my arms“ von Nick Cave
Label: Mute INT 846936