Loslassen oder Annehmen

In diese Woche fällt nicht nur der Beginn der christlichen Adventzeit, sondern auch der buddhistische Bodhi-Tag. Bodhi wird unter anderem mit „Erleuchtung“ übersetzt, ist aber auch gleichbedeutend mit dem Erreichen von Nirvana. Große Begriffe! Aber was bedeutet das konkret für unseren Alltag?

Gedanken für den Tag 2.12.2019 zum Nachhören (bis 1.12.2020):

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Nun, ich denke, darüber, was es bedeutet, ein erleuchteter Mensch zu sein und damit Nirvana zu verwirklichen, brauchen wir uns nicht zu sehr den Kopf zu zerbrechen. Dieser Zustand ist zwar erreichbar, aber für viele von uns wohl nicht demnächst oder in diesem Leben. Umso wertvoller ist es, sich vor Augen zu halten, wie der Weg dorthin ausschaut und wie er umgesetzt werden kann.

Einkaufsstress versus Gelassenheit

Nicht selten wird Nirvana fälschlich mit „Verlöschen“ in negativem Kontext übersetzt. Das aber, was durch unser Erwachen, durch das Erreichen von Nirvana wirklich erlischt, sind unsere falschen Ansichten und die daraus resultierenden unheilsamen Verhaltensweisen. An deren Stelle tritt die Verwirklichung von Weisheit und Mitgefühl. Wir können dann so manche Problemlösung, von der wir überzeugt waren, sie ist die einzig richtige, differenzierter sehen. Extreme Standpunkte können aufgelöst werden und ein konstruktiver Dialog der Mitte wird möglich.

Gerhard Weißgrab
ist Präsident der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft

Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Beginnen wir genau darauf zu achten, welche Folgen unser tägliches Handeln für die anderen und damit zugleich für uns selbst hat. Fördert unser Handeln eher das Glück oder das Leid von Menschen und Tieren? Daran sollten wir uns orientieren.

Weihnachten steht vor der Türe und manche von uns hat der große Einkaufsstress fürs Schenken erfasst. Als Buddhist feiere ich kein religiöses Weihnachtsfest, aber andererseits hat der Buddhismus immer bestehende Rituale einer Kultur, in der er sich entfaltet hat, auch in einen buddhistischen Kontext gestellt. Und wenn dieser Kontext jetzt bewirkt, dass sich der übliche Einkaufstress in eine Gelassenheit transformiert, bei der nicht die Zahl oder der Wert der Geschenke wichtig sind, sondern die liebevolle Wertschätzung, die sie für den Beschenkten ausdrücken, dann können hier der christliche und buddhistische Ansatz eine heilsame Symbiose bilden.

Musik:

Regula Curti, Dechen Shak Dagsay und Pit Loew: „Connecting hearts : Avalokiteshvara - Blessing of Swiss Alps“ von Dechen Shak Dagsay und Pit Loew
Label: Decca Records/Universal 4763356