Literarische „Reise“ in den Orient
Gedanken für den Tag 22.4.2020 zum Nachhören (bis 21.4.2020):
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Der Orient erscheint als ein idyllischer Ort der Sicherheit und der Sehnsucht: Er verspricht Erneuerung des Lebens, der Liebe und der Dichtung. Eine Umkehr nach der geschichtlichen Katastrophe.
Wolfgang Müller-Funk
ist Literaturwissenschaftler
Unorthodoxer Koran-Spezialist
Im West-östlichen Divan wird das in sich gespaltene Blatt des aus China stammenden Ginkobaums zum Sinnbild der erotischen Liebe von Mann und Frau, von Hatem und Suleika, aber auch zum Symbol der Synthese von Orient und Okzident. Es ist eine Einheit, in der jeder Teil des Blatts „eins und doppelt“ ist.
Am Zustandekommen des „West-östlichen Divans“ haben mehrere Akteure mitgewirkt. Da ist zunächst der persische Dichter selbst, ein unorthodoxer Koran-Spezialist und Dichter, der das religiöse Hochgefühl mit weintrunkener Ekstase und mit erotischer, oft homoerotischer Liebe gleichsetzt:
Fordre ja nicht von mir Trunknem
Pflichterfüllung, gute Werke,
Denn am Tage der Bestimmung
Ward zum Becher ich bestimmet.
Seit ich an dem Quell der Liebe
Mich nach Brauch gewaschen habe,
habe ich ja mit einem Worte
Allem übrigen entsaget.
Gieb mir Wein, daß vom Geheimnis
Meines Los ich dir sage,
Welches Angesicht ich liebe,
welcher Duft mich trunken machte.
Buchhinweise:
- Johann Wolfgang von Goethe, „West-oestlicher Divan“, dtv
- Hafis, Johann Christoph Bürgel, „Gedichte aus dem Diwan“, Verlag Reclam
Musik:
Hesperion XXI unter der Leitung von Jordi Savall: „Mawachah Chamoulo - Taksim & arabisch andalusischer Tanz"
Label: Alia Vox AVSA9873 (3 CD)