Zeit ist relativ

Die Relativitätstheorie von Albert Einstein ist nicht nur für Physiker interessant. Was wir im Umgang mit anderen Menschen von ihr lernen können, erzählt Olivier Dantine.

Morgengedanken 17.11. zum Nachhören:

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Zeit ist relativ – zumindest das ist aus Albert Einsteins Relativitätstheorie allgemein bekannt. Die von Einstein voraus berechneten Effekte können aber nur mit genauesten Atomuhren gemessen werden. Oder sie könnten erst bei Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit beobachtet werden, die aber niemand erreichen kann.

Olivier Dantine
ist Superintendent der evangelisch-lutherischen Diözese Salzburg/Tirol

Unterschiedliche Sichtweisen

Einstein beschreibt in Gedankenexperimenten Situationen, in denen sich zwei Raumschiffe mit gleichbleibender Geschwindigkeit aufeinander zu bewegen. In jedem Raumschiff kann die Besatzung behaupten, sie stehen still, und das andere Raumschiff bewegt sich. Jede der beiden Besatzungen beobachtet, dass die Zeit im jeweils anderen Raumschiff langsamer als im eigenen Raumschiff vergeht. Wer von beiden beobachtet das Richtige, wer hat Recht?

Vielleicht fasziniert mich diese Theorie, die ich nie zur Gänze verstanden habe, deswegen: Wenn nicht einmal das physikalische Messen der vergehenden Zeit zu einem „richtig“ oder „falsch“ führt, um wie viel mehr gilt das für unsere Ansichten, Weltanschauungen und Werturteile? Was ich als Wahrheit ansehe und bezeuge, ist für mein Gegenüber womöglich das Gegenteil. Wenn ich den Standpunkt des anderen wahrnehme, dann heißt das noch lange nicht, dass ich dessen Ansicht gut heißen muss, aber ich kann sie vielleicht ein bisschen besser verstehen. Ein Gespräch über die unterschiedlichen Sichtweisen ist möglich, und das öffnet eine Tür zur Versöhnung.