So nicht mehr leben wollen

Die Telefonseelsorge hat immer ein offenes Ohr – für alle Sorgen und Nöte: Auch mitten in der Nacht oder am Wochenende. Die eigens ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen gerade zu diesen Zeiten besonders berührende Erfahrungen.

Morgengedanken 16.6.2015 zum Nachhören:

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Wenn man die Nummer 142 wählt, kann man mit jemandem reden, ohne sein Gesicht zeigen zu müssen. Man kann auch in der Nacht und am Wochenende anrufen. Die Vertraulichkeit macht es möglich, dass sich manche Menschen trauen, auch über ihre schweren und dunklen Gedanken zu sprechen, immer wieder sind das auch Suizidgedanken.

Marlies Matejka
ist Leiterin der Telefonseelsorge Wien

Reden gegen die Einsamkeit

Sonntagabend – ich habe schon einige Stunden Gespräche mit verschiedenen Anruferinnen und Anrufern geführt. Es läutet wieder und ein älterer Mann ist am Telefon. Er sagt mir gleich zu Beginn, dass er des Lebens so schrecklich müde ist. Seine Frau ist vor einem Jahr gestorben, vor kurzem hatte er einen Schlaganfall. Was hat das Leben noch für einen Sinn? Ich spüre die Müdigkeit in seiner Stimme, die Anstrengung alleine zu leben, noch dazu mit der körperlichen Beeinträchtigung – auch wenn täglich die Heimhelferin und eine Krankenschwester nach ihm schauen. Ich frage nach seiner Frau und er erzählt mir von einem guten gemeinsamen Leben. Wir reden vielleicht eine halbe Stunde. Ich habe das Gefühl, dass seine Stimmung ein wenig heller geworden ist. Ich frage auch nach anderen Menschen, die ihm etwas bedeuten. Am Ende des Gesprächs überlegt er, demnächst einen Neffen anzurufen.

Mich hat der Anruf berührt. Der alte Mann hat mir einiges aus seinem Leben anvertraut. Es hat ihm gut getan, dass er gehört wurde, dass sich jemand interessiert hat. Ich wünsche allen Menschen, für die das Leben manchmal sehr schwer ist, dass sie in diesen Stunden nicht alleine sind, dass sie jemanden finden, dem sie sich anvertrauen können.