Vom Mut der Königskerzen

Romana Seunig hegt und pflegt ein richtiges Kräuterland auf 800m Seehöhe am Radsberg bei Klagenfurt. Ihren Garten betrachtet die Gesundheitswissenschaftlerin als Spiegel. Zugleich ist er eine Lernstrecke für die Ordnung der Schöpfung.

Morgengedanken 21.7.2015 zum Nachhören:

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Wenn im Hochsommer die Königskerzen meine Gartenbühne betreten, bin ich immer wieder fasziniert von ihrer Wuchskraft. Im tiefsten Vertrauen auf das Wohlwollen der Elemente schießen sie empor, werden die Stängel verstärkt, wird das Blattwerk optimiert, um gerade und für sich alleine stehen zu können.

Romana Seunig
ist Juristin und Gesundheitswissenschaftlerin in Ebenthal in Kärnten

Solides Fundament

Dann aber nimmt sich der Himmelsbrand, wie man die Königskerze früher nannte, Zeit zum Blühen und öffnet eine Blütensonne nach der anderen. Über Wochen geht das so – bis sie ganz oben angekommen ist und in schwindelnder Höhe alle anderen Pflanzen überragt. Was diesem krönenden Abschluss vorangeht sind zwei bis drei Jahre Vorbereitungsarbeit, in denen die kleine Königskerzenpflanze ihren Standplatz austestet, sich nach und nach eine sichere Verankerung im Boden aufbaut und versucht, sich ein tragfähiges Fundament zu erschließen.

„Wer hoch bauen will, muss tief graben“, wussten schon die Dombaumeister des späten Mittelalters. Die Königskerze nimmt sich also genügend Zeit, um ihr Werk zu beginnen und es blühend zu vollenden. Leisten wir uns die Zeit für einen sicheren Unterbau, ein bewusstes Fundament in unserem Leben, von dem wir nicht so leicht verweht werden können? Wie testen wir unsere Standbedingungen, ehe wir zum Höhenflug ansetzen?

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