Ewige Jugend

Gesund, schön und aktiv bis in hohe Alter – am besten für immer: davon träumen viele Menschen. Und im Fitnesscenter, beim Schönheitschirurgen oder dank der modernen Medizin glauben manche, dieses Ideal erreichen zu können.

Morgengedanken 16.1.2017 zum Nachhören:

„Möge Gott dich segnen und allzeit halten“: Mit dem Wunsch nach immerwährendem göttlichem Beistand beginnt eines der schönsten Lieder des Literaturnobelpreisträgers Bob Dylan. Der Text ist eine Aneinanderreihung wunderschöner Lebens- und Segenswünsche. Die langsame balladenhafte Melodie macht aus dem Song so etwas wie ein Mantra, das Gute gleichsam heraufbeschwörend. Eine Art sakraler Hymne, gipfelnd in dem Wunsch: „Mögest du für immer jung bleiben“.

Der Dylan’sche Segenswunsch

Es ist nicht die Art von ewiger Jugend, für die mit Skalpell und Botox nachgeholfen wird. Oder für die 50-Jährige mit dem Marathontraining beginnen, in der Hoffnung, damit dem Alter einfach davonlaufen zu können. Dylan singt von einem Jungbrunnen der anderen Art. Und dabei trifft er sich mit jemandem, der nie viel von seinen Liedern gehalten hat: Mit meinem Großvater, Jahrgang 1906, hat er sich mit dem Hippiewuschelkopf nie anfreunden können. Mein Opa hat sein Lebtag keinen Sport gemacht, um sich fit zu halten. Ob sein Haar grau oder schwarz, sein Gesicht glatt oder voller Falten war, war ihm egal. Den letztendlich immer unerfüllt bleibenden Traum von ewiger Jugend im klassischen Sinne hat er so nie geträumt.

Dafür hat er ihn im Sinne von Bob Dylan über 96 Jahre lang gelebt. Auf dem Sterbebett hat er erzählt: Das was du hier im Krankenhaus liegen siehst, ist nur die Hülle, die ist kaputt. Aber hier – und dabei hat er sich mit dem ihm eigenen schelmischen Grinsen auf sein Herz geklopft – bleibst du, wenn du willst, immer 18. Sein Körper ist gealtert, aber in seinem Herzen ist der Dylan’sche Segenswunsch aufgegangen. Ich bin mir sicher, er hat auch dort, wo er jetzt ist, viel Spaß.