Ich bin die Gute

Zum Streiten gehören immer zwei – heißt eine alte Volksweisheit. Und schuld ist immer „der andere“. Was das alles mit einem gesunden Selbstwertgefühl zu tun hat, das ist heute das Thema der Morgengedanken.

Morgengedanken 2.2.2017 zum Nachhören:

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Wir sind geliebte Kinder Gottes. Wenn ich in der Schule beobachte, wie Kinder streiten und dann nachfrage, was denn los ist, da beginnen die gegenseitigen Beschuldigungen. „Der hat einfach angefangen, wild auf mich einzutreten“. - „Naja, du und der Hannes, ihr habt mich ja die ganze Zeit beschimpft, da hat es mir einfach gereicht.“

Gisela Ebmer
Fachinspektorin für den evangelischen Religionsunterricht an Höheren Schulen in Wien

Gemeinsame neue Wege

Anklagen, das ist nach der Meinung der amerikanischen Familientherapeutin Virgina Satir ein beliebter Weg, ein angekratztes Selbstwertgefühl auszugleichen. Gerade in Konfliktsituationen fällt es den meisten Menschen nicht leicht, ihren eigenen Selbstwert zu bewahren und authentisch, wertschätzend und situationsbezogen zu reagieren. Wenn mich jemand angreift, fühle ich mich sehr schnell verunsichert. Um das eigene Selbstwertgefühl hoch zu halten, muss ich dann die Schuld auf den anderen schieben. Das ist ja nicht nur bei Kindern so. Ich bin die Gute, der andere ist der Böse. Egal, ob es um Nachbarschaftsstreitigkeiten geht, um Schulprobleme der eigenen Kinder oder politischen Wahlkampf: Auch Erwachsene neigen dazu, sich selbst zu schützen, indem sie sich als die Guten darstellen und die Gegner als die Schlechten.

Nimm dich selber ernst als geliebtes Kind Gottes, nimm deine Gegner ernst, auch sie sind geliebte Kinder Gottes, und nimm dein Anliegen ernst, für das du streitest. Vielleicht gelingt es dir dann auch, eigene Fehler zuzugeben, dich zu entschuldigen, gute Seiten auch beim anderen zu sehen und gemeinsame neue Wege zu finden für die Sache, um die ihr streitet.