Dank und Freude

Not lehrt beten – heißt es. Weil es dann so viel zu erbitten und zu beklagen gibt. Aber auch aus dem Bedürfnis, Dank zu sagen, kann ein Gebet entstehen.

Morgengedanken 27.5.2017 zum Nachhören:

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Als ich noch ein Kind war, war es mir eher zuwider: danke zu sagen. Sag schön danke, das war der Standardspruch meiner Eltern. Und so sagte ich oft widerwillig dieses Wort, danke, ohne nur ansatzweise Dankbarkeit für die Geschenke, die ich bekommen hatte, zu empfinden.

Luise Müller
ist evangelische Theologin und ehemalige Superintendentin der Diözese Salzburg-Tirol

Einfach danke sagen

Aus dieser ungeliebten Pflichtübung ist im Laufe meines Lebens ein tiefes Bedürfnis geworden. So vieles habe ich bekommen, ohne es verdient zu haben. So viele Menschen haben mir etwas gegeben, ohne dass sie von mir auch etwas bekommen hätten. So gut geht es mir, dass mir eigentlich nichts fehlt. Dass ich beinahe wunschlos glücklich bin. Und das alles ist nicht selbstverständlich.

Auch deswegen geht mein Dank nicht nur an Menschen sondern auch an Gott. Mein Leben, mein Auskommen, meine Kinder, mein Mann, gute Freunde, reizvolle Aufgaben, Vertrauen und Zeit, die mir immer wieder geschenkt werden, das Leben in relativer Sicherheit an einem wunderschönen Platz auf dieser Erde, der Frieden, in dem meine Enkel aufwachsen können, das alles und noch viel mehr verleiten mich manchmal anstatt eines wortreichen und klug formulierten Morgengebetes einfach danke zu sagen. Danke, Gott. Und dann bleibe ich noch ein paar Minuten liegen, und staune und freue mich an der Fülle meines Lebens.