Singen mit Herzenslust

Dass heute in den Kirchen – nicht nur in den evangelischen – viel gesungen wird, das ist ebenfalls in gewisser Weise Martin Luther zu verdanken.

Morgengedanken 14.10.2017 zum Nachhören:

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Martin Luther prägte die deutsche Sprache. Nicht nur die enorme Verbreitung seiner Bibelübersetzung hat dazu beigetragen, sondern auch die geschickte Verbindung von ober- und niederdeutscher Sprache, sowie von Alltags- und Verwaltungssprache. Damit schuf Luther in einem Reich, das zwar einen gemeinsamen Kaiser hatte aber keine gemeinsame Sprache, eine Standardsprache.

Reformationssinfonie

Zusätzlich erfand Luther in seiner Übersetzungstätigkeit deutsche Worte für lateinische oder griechische Ausdrücke, für die er noch keine richtigen deutschen Begriffe gehört hatte. Zum Beispiel: Herzenslust. So übersetzte er die Freude am Evangelium im ersten Brief an die Christen in Thessaloniki (2, 8). Und mit Herzenslust beschrieb er auch die Weihnachtsfreude im bekannten Lied: „Vom Himmel hoch, da komm ich her“. Denn verbreiteter als die Lutherbibel waren die Kirchenlieder aus seiner Handschrift. Diese Lieder waren in der Reformationszeit etwas ganz Neues.

Karl Schiefermair
ist Oberkirchenrat der evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich

Zunächst sollten die Gottesdienstbesucher die Texte verstehen, deshalb waren sie auf Deutsch und einladend zum Mitsingen. Damit machten die Menschen mit den Liedern ihren Glauben fester. Mit dem Singen tragen alle Gottesdienstbesucher ihr Bekenntnis und ihren Glauben vor – das war damals revolutionär! Und wie jede Revolution hat auch die Reformation ihre Lieder. Am bekanntesten ist: „Ein feste Burg ist unser Gott“, nach Worten im Psalm 46.

Zum Reformationsjubiläum der evangelischen Kirchen wird die Melodie in Felix Mendelssohn Bartholdys Reformationssinfonie oft erklingen. Als Choral wird das Lied in vielen Gottesdiensten am 31. Oktober gesungen. Die biblische Lektüre, die Predigten, die Lieder des Gottesdienstes: sie alle sind Sprachschulen des Glaubens; für einen Glauben, der versteht und sich zu Wort meldet.