Erinnerungen

Menschen, die an Demenz erkrankt sind, leben sozusagen in ihren Erinnerungen, meint Roland Werneck. Er beobachtet dabei, dass sich diese Menschen oft sehr glücklich fühlen, wenn sie ihre Erinnerungen weitererzählen können.

Morgengedanken 3.3.2018 zum Nachhören:

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„Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist.“ So heißt es in einem Lied der Johann-Strauß-Operette „Die Fledermaus“. Ich beobachte bei vielen älteren Menschen, dass sie dann glücklich sind, wenn sie sich erinnern können und wenn ihnen jemand bei ihren Erinnerungen zuhört.

Roland Werneck
ist evangelisch-lutherischer Pfarrer in Wels, Oberösterreich

Zeit und Geduld

Als mein Großvater älter wurde, begann er immer mehr Geschichten aus seiner Kindheit und Jugend zu erzählen. Für uns Enkelkinder war das sehr spannend. Es waren Geschichten aus einer untergegangenen Welt, vom Kaiser Franz Josef und aus Wien vor dem 1. Weltkrieg. Die Gegenwart und ihre Themen interessierten meinen Großvater nicht mehr, sein Kurzzeitgedächtnis setzte immer mehr aus. Mit der Zeit wiederholten sich die Geschichten, wir kannten sie zum Teil schon auswendig, aber für ihn war es das höchste Glück, dass ihm jemand zuhörte.

Gegen Altersdemenz gibt es immer noch kein heilendes Medikament. Das, was die Familienangehörigen tun können, ist, sich auf die ganz eigene Welt der dementen Menschen einzulassen. Dazu braucht es viel Zeit und viel Geduld. Aber manchmal ist es erstaunlich, was dabei alles zu Tage kommt: auswendig gelernte Gedichte und Lieder, Psalmen aus der Bibel. Details aus dem Leben, die die Jüngeren bisher nicht kannten. Glücklich ist, wer in seinen Erinnerungen Halt findet und daraus Kraft schöpfen kann.