Ich glaub, ich geh jetzt

Welche Umwälzungen – Revolutionen – von Martin Luther in Gang gesetzt wurden, ist heute oft gar nicht mehr nachvollziehbar. So hat in die Grammatik die Bezeichnung „Luther-E“ Einzug gehalten...

Morgengedanken 12.10.2017 zum Nachhören:

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Der Sprachwissenschaftler Hartmut Günther erzählt folgende Anekdote: Er legte bei einem Scrabble-Turnier das Wort „Glaub“ aufs Brett und kassierte dafür 50 Punkte – in diesem Spiel um Buchstaben und Worte eine hohe Summe. Sein Gegner starrte aufs Spielbrett und murmelte: „Das glaub ich nicht, das glaub ich nicht.“ Er beeinspruchte das Wort, musste sich aber dem Schiedsrichterurteil beugen, dass nach den Regeln bei den Verben in der ersten Person Singular das e am Ende weggelassen werden kann.

Karl Schiefermair
ist Oberkirchenrat der evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich

Interessant ist, dass auch dieses e am Ende von einsilbigen Worten auf Luther zurückgeht, daher spricht man auch vom „Luther-E“ z.B. in den Worten Glaube, Bitte, Gnade usf. Vor Luther hieß es: „Ich glaub, dass Gott meine Bitt voll Gnad annehm“. Bei den Tunworten wird heute das e am Ende immer geschrieben, beim Reden aber nach wie vor gerne ausgelassen: „Ich denk, ich geh jetzt. Ich les das aber noch zu Ende.“

Bei den Hauptwörtern wird allerdings heute das zweite e mitgesprochen. Das war nicht immer so: Im 17. Jahrhundert galt das geschriebene oder gesprochene e am Ende in katholischen Gegenden als Erkennungszeichen für Lutheraner. Wer so redete oder schrieb, der konnte nur ein Protestant sein! Für die heutige Rechtschreibung ist die Zweisilbigkeit als Basis der deutschen Worte von hoher Wichtigkeit, das lernen wir in der Schul. Dort haben unsere Kinder beim Schreiben zunächst Probleme mit diesem e am End.