Verbote und Gebote

Die Coronavirus-Pandemie hat gerade für die Bewohner von Seniorenheimen viele Einschränkungen gebracht. Und diese Verbote und Gebote haben die alten Menschen verändert.

Morgengedanken 19.8.2020 zum Nachhören (bis 18.8.2021):

Nachdem wir covid-bedingt die Türen unseres Pflegeheimes schließen mussten und das Leben heruntergefahren wurde, konnte man schnell Veränderungen erleben. Die uns anvertrauten Menschen in unserem Haus wurden verbal stiller, jedoch der emotionale Ausdruck und die Körpersprache wurde lauter.

Sprache der Hände

Wir sind gewohnt, verbal zu kommunizieren. Emotionale und nonverbale Kommunikation bestimmen weniger unseren Alltag. Ich bin dankbar für die Erfahrungen der letzten Wochen, in denen ich wieder gespürt habe, wie wesentlich es ist, auf die Sprache des Körpers und der Emotion zu achten. Veränderungen wahrzunehmen und genauer hinzuschauen. Tränen und Traurigkeit zu sehen, wahrzunehmen, zuzulassen und ihnen Raum zu geben. Zu verstehen, dass eine gebeugte Haltung ein Zeichen für innere Sorge bedeutet. Hinter einem sozialen Rückzug eine Sehnsucht verborgen ist. Sehnsucht nach einem Gespräch, einer Berührung, den Besuch des Lieblingsplatzes und vieles mehr.

Eine weitere Erfahrung der letzten Wochen war, dass Hände eine Sprache sprechen. Liegen diese ruhig auf dem Tisch, sind sie gefaltet oder verborgen und nicht zu sehen, sind sie feucht oder trocken, zittrig, in Bewegung oder zur Faust geballt? Sind sie suchend, ablehnend oder zur Berührung bereit? Ebenso verändert hat sich das Essverhalten in dieser Zeit. Selbst die geliebte Lieblingsspeise blieb manchmal unberührt. Ich habe gelernt, dass wir als Menschen eine Vielzahl von Sprachen sprechen, ohne diese direkt in der Schule zu erlernen oder studiert zu haben. Die Kunst liegt auch nicht darin, diese Sprachen zu sprechen, sondern vielmehr darin, diese Sprachen zu erkennen und zu verstehen. Ich wünsche Ihnen Menschen, die Ihre Sprache sprechen.