In einer unsicheren Zeit

Wir leben in einer unsicheren Zeit – das hört man gerade heuer in der Coronavirus-Pandemie sehr oft. Doch was macht eine solche unsichere Zeit aus?

Morgengedanken 20.8.2020 zum Nachhören (bis 19.8.2021):

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Vor einigen Wochen erblickte meine Großnichte Leni das Licht der Welt. In der Zeit der Schwangerschaft wurde öfter geäußert, das Kind wird in eine unsichere Zeit hineingeboren. Diese Aussage hat lange in mir nachgeklungen. Die Frage, was ist eine unsichere und sichere Zeit, beschäftigt mich seitdem immer wieder und - was trägt dazu bei, ob eine Zeit sicher oder unsicher ist?

Jörg Fuhrmann
ist Seniorenheimleiter und Trauerbegleiter in St. Johann im Pongau in Salzburg

Die Menschen im Umfeld

Im Alltag in unserem Pflegeheim sind wir Tag für Tag dafür verantwortlich, ein sicheres Umfeld für die uns anvertrauten Menschen zu schaffen und Gefahren rechtzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Die Generation, die in den Kriegsjahren das Licht der Welt erblickte, ist die auch in eine unsichere Zeit hineingeboren worden? Was ist mit all den Menschen in den Entwicklungsländern der Erde? Aber zurück zu meiner Großnichte Leni und wie es gelingen kann, in eine sichere Zeit geboren zu werden. Von den Menschen mit Demenz in meinem beruflichen Alltag habe ich gelernt, dass wir jeden Tag aufs Neue geboren werden, in eine Zeit, einen Tag in einem Moment.

Ob diese Zeit oder dieser Moment sicher oder unsicher sind, liegt einerseits an den Menschen in meinem Umfeld, mögen sie mich, nehmen sie mich an, darf ich mich verwirklichen, darf ich so sein, wie ich bin, mit allen Ecken und Kanten. Andererseits liegt es jedoch auch an mir selber, ob ich bereit bin, die Zeit und den Moment für mich anzunehmen. Meinen Weg bewusst zu gehen und somit Sicherheit bei mir selber zu finden. Ein Kind sagte einst zu seinem Großvater mit Demenz, Opa liebt mich, auch wenn er mich vergisst. Eine Zeit wird sicher durch Zulassen, Vertrauen und Zutrauen. Ich wünsche uns allen eine sichere Zeit.