Die innere Uhr

Jeder Mensch hat seine innere Uhr – der eine ist ein „Frühaufsteher“, der andere eine „Nachteule“. Doch gerade diese Zeiteinteilung ist etwas, das uns selbstständig macht.

Gedanken für den Tag 21.8.2020 zum Nachhören (bis 20.8.2021):

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Fast täglich, am Abend beim Schlafengehen, schon fast ritualsmäßig, frage ich meine Lebensgefährtin: „Schatz, für wann soll ich den Wecker stellen?“, oder meine Lebensgefährtin fragt mich, „Schatz, hast du den Wecker gestellt?“ Die Antwort lautet beidseits fast immer; „wie immer“ oder „weißt ja eh“. Aber nicht zum Aufwachen benötigen wir einen Wecker und Uhren. Wir stellen diese beim Kuchenbacken, Eierkochen, Terminisieren, zur Erinnerung, als Zeitmesser beim Sport und oft zum Bemessen.

Jörg Fuhrmann
ist Seniorenheimleiter und Trauerbegleiter in St. Johann im Pongau in Salzburg

Den Wecker stellen

Und in den Zeiten der Erholung und Entspannung, im Urlaub und auf Reisen sind wir froh, keinen Wecker stellen zu müssen und ohne Termine und Verpflichtungen zu sein. Jedoch weckt uns dann oft punktgenau, wie unser mechanischer Wecker, unsere innere Uhr. Dann braucht es oft einige Tage, bis diese programmierte Weckzeit pausiert oder ausgeschaltet ist. Ich erinnere mich noch gut an meine Kindheit und an die Zeit, als ich in der letzten Ferienwoche vor Schulbeginn früher schlafen gehen musste und auch früher aufgeweckt wurde, damit es zum Schulbeginn keine morgendlichen Stresssituationen gab. Im beruflichen Alltag durfte ich vor einiger Zeit einen Nachtdienst im Pflegeheim übernehmen, also musste ich wach sein zu einer Zeit, in der ich sonst schlafe. Im Laufe der Nacht hatte ich verschiedene Begegnungen mit Menschen, deren innere Uhr auch eine andere Zeit anzeigte als die wirkliche Normalzeit. Ein Bewohner begrüßte mich gegen 11 Uhr in der Nacht mit einem wunderschönen „Guten Morgen“, eine andere Bewohnerin meine um 6 Uhr in der Früh zu mir „Gute Nacht und bitte machen Sie das Licht aus, ich möchte schlafen“.

So lebt jeder von uns ein Stück weit in seiner eigenen Zeit. Im Pflegeberuf bestimmen wir oft über die Wecker der Menschen. Die Freiheit im Leben besteht jedoch darin, die Zeit selbst zu bestimmen und zu bewerten. Unsere persönliche Lebenszeit können nur wir selber bemessen und bewerten. Es gibt im Leben eine ausgeglichene Gerechtigkeit. Den Wecker zur Geburt stellen wir uns selber, den Wecker am Ende des Lebens stellt ein anderer. Ich wünsche Ihnen, dass Sie lange Ihren Wecker selber stellen können und dürfen.